Verfahrensgang

LG München II (Entscheidung vom 11.06.2004; Aktenzeichen 5 0 6719/03)

 

Tenor

  • I.

    Auf Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München II vom 11.6.2004 aufgehoben.

  • II.

    Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen, die Klage insgesamt abgewiesen.

  • III.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens.

  • IV.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • V.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Rückgriffsansprüche geltend.

Die Klägerin ist Versicherer der WEG ... es bestand für den Schadenszeitpunkt eine Wohngebäudeversicherung mit Abdeckung von Leitungswasserrisiken. Die Wohneinheit 58 war an die Beklagte vermietet, die Kosten der Gebäudeversicherung wurden anteilig auch auf die Beklagte umgelegt.

Am 5.7.2002 wurde in der Küche der Beklagten eine Geschirrspülmaschine angeschlossen. In der Nacht des 17.7.2002 kam es in der Wohnung der Beklagten ausgehend von der Geschirrspülmaschine zu einem Leitungswasserschaden. Da der Wasserhahn für den Zulaufschlauch der Spülmaschine nicht verschlossen war, ergoss sich das Wasser in die Wohnung der Beklagten und stand dort ca. 1 bis 2 cm hoch. Es wurden auch weitere Wohneinheiten betroffen. Zur Beseitigung der Nässeschäden wendete die Klägerin EUR 12.815,28 auf, die sie im Rückgriff von der Beklagten begehrt. Die Beklagte hätte grob fahrlässig gehandelt und wegen der übergeordneten Grundsätze der Beweisnähe im Einzelnen darlegen und beweisen müssen, weshalb sie an dem Schaden kein Verschulden treffe.

Die Beklagte unterhält bei der ... - Versicherungs AG unter der Versicherungsschein-Nr. ... Privathaftpflichtversicherung unter Einschluss des Mietschadensrisikos. Die Haftpflichtversicherung hat mit Schreiben vorn 27.12.2002 ihre Eintrittspflicht verweigert.

Die Beklagte ist im Verlauf des vorliegenden Verfahrens aus der streitgegenständlichen Wohnung ausgezogen.

Die Klägerin beantragte in erster Instanz, die Beklagte zur Zahlung von EUR 12.815,28 nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.12.2002 aus EUR 12.720,90 so wie Zinsen in gleicher Höhe aus EUR 94,83 seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. Hilfsweise hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in eine Abtretung ihrer Ansprüche auf Freistellung und Leistung gegenüber dem Haftpflichtversicherer einzuwilligen.

Das Landgericht hat den Hauptantrag abgewiesen mit der Begründung, dass eine grobe Fahrlässigkeit nicht nachgewiesen worden sei. Da im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehende Beschränkung der Rückgriffsmöglichkeiten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auch zugunsten der Beklagten .als Mieterin greife, scheide ein Zahlungsanspruch aus. Die Beklagte sei jedoch wegen § 242 BGB verpflichtet, ihre Ansprüche gegen ihre Haftpflichtversicherung an die Klägerin abzutreten, weshalb dem Hilfsantrag stattgegeben werde.

Die Beklagte wendet mit ihrer Berufung gegen das Ersturteil im Wesentlichen ein, dass es aus den Erwägungen des BGH heraus auch in den Fällen, in denen der Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe, notwendig sei, den Mieter von Regressansprüchen bei leichter Fahrlässigkeit freizustellen. Denn die bestehende Kündigungsmöglichkeit nach § 158 WG und eine mögliche Prämienerhöhung sei eine gravierende Belastung für den Mieter, so dass eine Abtretung ebenfalls wegen des Regressverzichts aus geschlossen sein muss.

Sie beantragt daher unter Abänderung des Ersturteils

die Klage insgesamt abzuweisen.

In ihrer Anschlussberufung verfolgt die Klägerin ihren als Hauptantrag gestellten Zahlungsantrag weiter. Der vom BGH entwickelte Regressverzicht könne nämlich dann nicht greifen, wenn der Mieter wie hier eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, die den Schaden abdeckt. Im Übrigen habe es das Erstgericht zu Unrecht für unerheblich gehalten, dass die Beklagte aus der Wohnung zwischenzeitlich ausgezogen sei. Das Ersturteil sei jedoch auch tatsächlich fehlerhaft, denn die Beweislastverteilung dergestalt, dass der Gebäudeversicherer eine grobe Fahrlässigkeit des Schädigers nachzuweisen habe, würde zwar der Rechtsprechung des BGH entsprechen (BGH, 4. Senat, VersR 2001, 94 if.); diese Rechtsprechung sei jedoch unrichtig. Weiter sei es der Billigkeit entsprechend, wenn die Klägerin den von der Beklagten geschilderten Schadensablauf bestreite; das Erstgericht habe es versäumt, die Anwendung der Beweislastregel auf den Einzelfall zu überprüfen, auch wenn man die Rechtsprechung des 4. Senats des BGH unterstelle. Aber auch bei Unterstellung des Sachvortrags der Beklagten habe diese grob fahrlässig gehandelt, da sie entgegen den Betriebsanleitungen aller gängigen Geschirrspülmaschinen den Wasserschlauch auch außerhalb des Betriebs permanent unter Druck gehalten habe und/oder das Gerät während des Betriebs in einer Etagenwohnung nicht in zumutbaren Abständen optisch oder zumindest akustisch kon...

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