Leitsatz (amtlich)

1. Die Abtretung einer Forderung zum Zwecke der Einziehung im eigenen Namen an eine Gesellschaft (hier eine englische Limited), die über keine behördliche Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach § 1 RBerG verfügt, ist wegen Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG i.V.m. § 1 Abs. 1 der 5. Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes (AVO) nichtig.

2. Geschäftsmäßigkeit i.S.v. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG i.V.m. § 1 Abs. 1 der 5. AVO liegt auch bei erstmaligem Handeln vor, wenn die Wiederholungsabsicht der Zessionarin aus dem Unternehmensgegenstand - hier die Geltendmachung von eigenen Rechten und von Rechten Dritter - hervorgeht und die Gesellschaft anschließend in gleichartiger Weise an diese abgetretene Rechte verfolgt.

3. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG i.V.m. § 1 Abs. 1 der 5. AVO bezwecken auch den Schutz des Schuldners der abgetretenen Forderung.

4. Zu den Anforderungen an die Darlegung eines kausalen Schadens einer Aktiengesellschaft wegen unterlassener unverzüglicher Einberufung einer Aufsichtsratssitzung durch den Aufsichtratsvorsitzenden.

5. Zur Treuepflicht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates zur Förderung von Kapitalerhöhungen bei einer in der Krise befindlichen Gesellschaft.

 

Normenkette

RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 der 5. Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes (AVO); BGB §§ 134, 398; AktG § 93 Abs. 1-2, § 116 S. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 31.05.2007; Aktenzeichen 5 HKO 11977/06)

 

Tenor

I. Das Endurteil des LG München I vom 31.5.2007 wird dahin abgeändert, dass die Klagen auch gegen die Beklagten zu 1) und 2) abgewiesen werden.

II. Die Klägerin hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus abgetretenem Recht der Kloster A Gastronomie AG (nachfolgend als KAAG bezeichnet) mit der Behauptung, der Beklagte zu 1) als Vorsitzender des Aufsichtsrats der KAAG und der Beklagte zu 2) als Mitglied des Vorstands der KAAG hätten Pflichtverletzungen gegenüber dieser Gesellschaft begangen, die Schadensersatzansprüche der KAAG zumindest in Höhe ihres Grundkapitals begründen.

Im Jahr 2001 entstand die KAAG durch formwechselnde Umwandlung der Kloster A Gastronomie-Dienstleistungen GmbH mit Sitz in ..., eingetragen im Handelsregister des AG München unter HRB ... Nach § 2 der Satzung der KAAG (Anl. K 2) war Gegenstand des Unternehmens u.a. der Betrieb von Gaststätten, die Entwicklung von Gastronomiekonzepten, die Erbringung von Serviceleistungen für gastronomische Betriebe sowie der Vertrieb von Waren des Klosters ... und anderer Produzenten für gastronomische Betriebe. Die Satzung der KAAG enthielt u.a. folgende Regelungen:

§ 4 Höhe und Einteilung des Grundkapitals

1. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 330.000 EUR. Es ist eingeteilt in Aktien im Nennbetrag von je 1 EUR.

2. Die Aktien lauten auf den Inhaber ...

(5) Der Vorstand wird ermächtigt mit Zustimmung des Aufsichtsrats innerhalb von 5 Jahren nach Eintragung der Gesellschaft das Grundkapital einmalig oder mehrfach um bis zu insgesamt 165.000 EUR durch Ausgabe neuer auf den Inhaber lautender Aktien zum Nennbetrag von je 1 EUR zu erhöhen (genehmigtes Kapital). Die Kapitalerhöhungen können gegen Bar- oder Sacheinlagen erfolgen. Der Vorstand ist ferner ermächtigt, jeweils mit Zustimmung des Aufsichtsrates über den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zu entscheiden.

§ 7 Ethik-Klausel

Die Vorstände verpflichten sich, alles zu unterlassen, was im Widerspruch zum klösterlichen Charakter der Abtei S. B. steht.

IV. Aufsichtsrat

§ 8 Zusammensetzung, Wahl, Dauer

1. Der Aufsichtsrat besteht aus sechs Mitgliedern.

2. Das Benediktinerstift S. B. in seiner Eigenschaft als Alleininhaber der Klosterbrauerei A. und Herr S. haben jeweils das Recht, ein Mitglied in den Aufsichtsrat zu entsenden. Derjenige, welchem die Ausübung des Entsendungsrechts zusteht, kann sich auch selbst in den Aufsichtsrat entsenden, soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen. Die Amtszeit der entsandten Aufsichtsratsmitglieder richtet sich nach der Amtszeit für die gewählten Aufsichtsratsmitglieder gem. Ziff. 3. Ein Aufsichtsratsmitglied, das aufgrund dieser Satzung in den Aufsichtsrat entsandt ist, kann von dem Entsendungsberechtigten jederzeit abberufen und durch ein anderes ersetzt werden ...

Nach § 3 der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der KAAG (Anl. K 24) sollen Sitzungen des Aufsichtsrats in der Regel einmal im Kalendervierteljahr und darüber hinaus einberufen werden, wenn dies von einem Aufsichtsratsmitglied oder dem Vorstand unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt wird.

Die Beklagte zu 3) und S. sc...

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