Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz, Behandlungsfehler, Berufung, Gesundheitsschaden, Nebenforderung, Berichtigung, Operation, Beweislastumkehr, Berufungsverfahren, Nachweis, Zinsen, Schaden, Revision, Umfang, grober Behandlungsfehler, Zulassung der Revision, kraft Gesetzes

 

Leitsatz (amtlich)

Ein grober Behandlungsfehler bewirkt nur eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität des Fehlers für einen feststehenden Primärschaden (hier: Nur wenn im zeitlichen Gefolge eines - unterstellten - groben Hygieneverstoßes eine Wundinfektion festzustellen ist, ist zu vermuten, dass sie auf den Verstoß zurückzuführen ist.) Stehen lediglich mögliche Folgeschäden einer Wundinfektion fest, denen aber stattdessen auch eine aseptische Ursache zugrunde liegen kann, hilft die durch den groben Hygieneverstoß inmitten stehende Beweislastumkehr hingegen nicht.

 

Normenkette

BGB § 630h Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Urteil vom 15.02.2019; Aktenzeichen 26 O 1193/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 15.02.2019, Az. 26 O 1193/16, berichtigt mit Beschluss vom 03.04.2019, wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 15.02.2019, Az. 26 O 1193/16, berichtigt mit Beschluss vom 03.04.2019, abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

4. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt wegen einer von ihm behaupteten ärztlichen Fehlbehandlung Schmerzensgeld (mindestens 45.000,00 EUR), materiellen Schadensersatz (Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden) sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm zukünftig aus der streitgegenständlichen Behandlung erwachsende materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen. Durch das gemäß Beschluss vom 03.04.2019 (Bl. 254/256 d. A.) berichtigte, den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.03.2019, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 19.02.2019 zugestellte Endurteil vom 15.02.2019 (Bl. 225/243 d. A.) hat das Landgericht die Beklagte dazu verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 889,17 EUR, jeweils nebst Zinsen, zu bezahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich des streitgegenständlichen Sachverhalts, der vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen und des Inhalts der Entscheidung im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf dieses Urteil Bezug genommen, gegen das sich die Berufungen sowohl des Klägers (eingegangen am 04.04.2019 und begründet mit am 29.04.2019 eingegangenem Schriftsatz [Bl. 277/295 d. A.]) als auch der Beklagten (eingegangen am 19.03.2019 und nach Fristverlängerung bis zum 23.04.2019 begründet mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz [Bl. 271/276 d. A.]) richten.

Der Kläger verfolgt seine ursprünglichen Anträge in vollem Umfang weiter. Hinsichtlich seines Vortrags in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2019 (Bl. 277/295 d. A.), vom 02.07.2019 (Bl. 311/315 d. A.) und vom 03.06.2020 (Bl. 324/326 d. A.) sowie auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 23.07.2020 (Bl. 327/335 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

I. Das am 15.02.2019 verkündete Urteil des LG Memmingen, Az.: 26 O 1193/16 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes, der Höhe nach in das ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu bezahlen, mindestens jedoch 45.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2015.

III. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger materiellen Schadensersatz iHv 325.211,00 EUR nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 166.352,00 EUR seit dem 31.12.2015, aus weiteren 17.984,00 EUR seit Klageerhebung, aus weiteren 140.875,00 EUR seit 11.12.2018 und schließlich als Nebenforderung 8.154,69 EUR (vorgerichtlich entstandene anwaltliche Vergütung) nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2015 zu bezahlen.

IV. Die Beklagte wird außerdem dazu verurteilt, dem Kläger ab 12.12.2018 jeweils vierteljährlich im Voraus bis zum Eintritt in das gesetzliche Rentenalter eine monatliche Rente iHv 4.496,00 EUR (3.981,00 EUR Verdienstausfallschaden und 515,00 EUR Haushaltsführungsschaden) zu bezahlen und ab dann eine solche iHv 515,00 EUR (nur noch Haushaltsführungsschaden), und zwar jeweils bis spätestens zum 3. Werktag eines Quartals.

V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet is...

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