Leitsatz (amtlich)

1. Die Überdachung einer Terrasse mittels einer Ziegel-/Holzkonstruktion stellt regelmäßig eine bauliche Veränderung dar.

2. Der Eigentümerbeschluss, der eine bauliche Veränderung genehmigt, muss hinreichend bestimmt sein. Ergibt sich auch aus sonstigen aus dem Protokoll ersichtlichen Umständen (wie z.B. als Anlage beigefügten Planskizzen) nicht hinreichend eindeutig, welches Ausmaß die bauliche Veränderung hat, ist der Beschluss auf Antrag für ungültig zu erklären.

 

Normenkette

WEG § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1, 4

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 21.04.2005; Aktenzeichen 60 T 2611/04 Str)

AG Eggenfelden (Beschluss vom 01.09.2004; Aktenzeichen 3 UR II 15/04)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse des LG Landshut vom 21.4.2005 und des AG Eggenfelden vom 1.9.2004 aufgehoben.

II. Der Eigentümerbeschluss in der Wohnungseigentümerversammlung vom 5.3.2004 zu Tagesordnungspunkt 1 (Terrassenüberdachung Gärtner) wird für ungültig erklärt.

III. Die Antragsgegner als Gesamtschuldner sowie der weitere Beteiligte haben jeweils zur Hälfte die gerichtlichen Kosten sämtlicher Rechtszüge zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden in keinem Rechtszug erstattet.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 5.3.2004 lag den Wohnungseigentümern ein Antrag des Wohnungseigentümers G. auf Errichtung einer Terrassenüberdachung im Haus Nr. 11a bei der zur Wohnung umgewandelten Einheit G 01 bei Kostenübernahme durch Herrn G. vor. Nach längerer Diskussion, die sich gem. dem Protokoll auf die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit bezog, wurde der "Beschluss für Terrassenüberdachung" mehrheitlich gefasst. Der Antragsteller stimmte dagegen. Eine Überdachung einschließlich hölzernen Unterbaus mit Wandverschalung ist inzwischen errichtet. Inwieweit dieses Bauwerk der Beschlusslage entspricht, steht nicht fest. Der Antragsteller hat am 31.3.2004 gerichtlich beantragt, den Beschluss der Eigentümerversammlung für ungültig zu erklären. Das AG hat den Antrag nach Einnahme eines Augenscheins am 1.9.2004 abgewiesen, das LG die sofortige Beschwerde mit Beschl. v. 21.4.2005 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel erweist sich als begründet.

1. Das LG hat ausgeführt: Das Rechtsschutzbedürfnis an der Anfechtung des Beschlusses bestehe fort, auch wenn die Überdachung angebracht sei. Denn diese müsse im Fall der Ungültigerklärung des Beschlusses im Rahmen des Möglichen rückgebaut werden. Der Beschluss sei wirksam. Er beinhalte zwar eine bauliche Veränderung, jedoch seien die Wohnungseigentümer, die gegen ihn gestimmt hätten, insb. der Antragsteller, nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. An der Terrasse bestehe für den Eigentümer des nach der Teilungserklärung zulässigerweise als Wohnung genutzten Teileigentums ein Sondernutzungsrecht. Als Beeinträchtigung seien nur objektive und konkret feststellbare Nachteile von Bedeutung. Subjektive Empfindungen eines Eigentümers, dessen Ängste und Befürchtungen allein, spielten bei der Beurteilung keine Rolle. Hingegen sei die konkrete Situation der Wohnanlage bedeutsam. Das Vorhandensein eines Sondernutzungsrechts sei insofern beachtlich, als es das Einverständnis der übrigen Eigentümer mit einer intensiveren Inanspruchnahme dieses Teils des Gemeinschaftseigentums aufzeige. Dass durch das Anbohren der Außenfassade für das Anbringen des Vordachs Wasser in diese eindringen könne, sei auch nach dem Vorbringen des Antragstellers ein nur theoretisches Risiko. Eine Wertminderung des dem Antragsteller gehörenden Miteigentumsanteils durch die bauliche Maßnahme sei nicht zwangsläufig. Dafür fehlten hier konkrete Anhaltspunkte.

Eine Kostenbelastung für den Antragsteller scheide nach dem Inhalt des Beschlusses aus. Im Übrigen sei er schon nach § 16 Abs. 3 Halbs. 2 WEG nicht verpflichtet, die Kosten der Umgestaltung zu tragen. Schließlich liege in der Anbringung der Terrassenüberdachung auch keine optische Beeinträchtigung des Gesamtbilds der Wohnanlage. Es handle sich um eine U-förmige Anlage, die einzelnen Gebäudeteile seien nicht völlig gleichmäßig gehalten. In der gesamten Anlage seien in unterschiedlicher Weise im Wesentlichen über den einzelnen Eingängen mehr oder weniger große Vordächer mit Ziegelbedachung angebracht, im Bereich der als Cafe und Metzgerei genutzten Teileigentumseinheiten befände sich eine größere Überdachung. Durch die Vielzahl von Erkern, Giebeln, Balkonen und versetzten Mauern weise die Wohnanlage ein unruhiges Gesamtbild auf, das durch die Überdachungen an einzelnen Eingangstüren und im Bereich der Ladengeschäfte noch verstärkt werde. Die gegenständliche Terrassenüberdachung füge sich in dieses Gesamtbild ohne optische Be...

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