Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch eines teilweise Freigesprochenen auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen (Wahlverteidigergebühren) ist trotz des Teilfreispruchs um die gesamten von der Staatskasse ausgezahlten Pflichtverteidigergebühren zu kürzen.

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Entscheidung vom 19.10.2016; Aktenzeichen 3 KLs 405 Js 118463/15)

 

Tenor

  1. Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts Mxx Bxx gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Augsburg vom 19. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
  2. Rechtsanwalt Mxx Bxx trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
 

Gründe

I

Das Landgericht Augsburg verurteilte den Angeklagten am 10.02.2016 wegen Körperverletzungsdelikten und falscher Versicherung an Eides Statt zur Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 4 Monaten. Von weiteren Tatvorwürfen der Vergewaltigung in zwei Fällen, Bedrohung und Vortäuschen einer Straftat/falscher Verdächtigung sprach es den Angeklagten frei. Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen erlegte es dem Angeklagten auf, soweit er verurteilt wurde und soweit er freigesprochen wurde der Staatskasse. Das Urteil ist seit 18.02.2016 rechtskräftig.

Der seit 17.06.2015 dem Angeklagten beigeordnete Pflichtverteidiger Mxx Bxx beantragte mit korrigierter Berechnung vom 24.03.2016 die Festsetzung seiner Vergütung gegen die Staatskasse in Höhe von 3.751,30 €. Dieser Betrag, der Gebühren von netto 2.571,00 € beinhaltet, wurde durch Auszahlungsanordnung vom 06.04.2016 vollumfänglich bewilligt.

Am 09.08.2016 beantragte der Verteidiger zu seinen Gunsten unter Vorlage einer Abtretungserklärung die Festsetzung der dem Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen in Höhe von 3.056,80 €.

Hierbei machte er geltend, die Gebühren und Auslagen eines Wahlanwalts beliefen sich auf brutto 7.578,93 €, wobei er bei sämtlichen Gebühren (Grundgebühr, Verfahrensgebühren und Terminsgebühren) die Wahlverteidigerhöchstgebühr ansetzte und die Auslagen betragsmäßig identisch zu den im Vergütungsfestsetzungsantrag vom 24.03.2016 sind. Nach der Differenzmethode veranschlagte er die Gebühren und Auslagen infolge der Verurteilung auf brutto 4.522,12 € und kam so auf einen zu erstattenden Differenzbetrag von 3056,80 €.

Die Rechtspflegerin wies mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag zurück, da die bereits bewilligte und ausbezahlte Pflichtverteidigervergütung den Differenzbetrag übersteige, der sich aus den insgesamt unter Ansatz der Mittelgebühr entstandenen Vergütungsansprüchen einerseits und den infolge Verurteilung entstandenen Vergütungsansprüchen eines Wahlverteidigers ergeben.

Gegen den am 17.11.2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.11.2016, eingegangen am 22.11.2016, sofortige Beschwerde eingelegt. Er meint, die Wahlverteidigerhöchstgebühren seien zutreffend. Hierzu hat der Bezirksrevisor II bei dem Landgericht Augsburg am 23.11.2016 Stellung genommen und führt aus, dass selbst bei Annahme der Berechnungen des Beschwerdeführers die anzurechnende Pflichtverteidigervergütung den Differenzbetrag von 3056,80 € übersteige und sich somit kein Zahlungsanspruch ergebe. Der Beschwerdeführer hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14.12.2016 ausgeführt, die Anrechnung der Pflichtverteidigervergütung könne nur im Falle eines umfassenden Freispruchs erfolgen, allenfalls aber auf die infolge Verurteilung angefallenen Gebühren.

II.

Die nach §§ 464b Satz 3, 304, 311 Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde bleibt erfolglos.

A. Über die Beschwerde entscheidet der Senat, da sich das Verfahren vorliegend nach den Grundsätzen der Strafprozessordnung richtet (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 59. Aufl. § 464b Rdn. 7).

B. Die Beschwerde ist unbegründet, da dem Beschwerdeführer keine Auslagenerstattungsansprüche zustehen.

1. Wenn im Rahmen einer Kosten- und Auslagenentscheidung bei einem Teilfreispruch das Gericht von einer Quotelung nach § 464d StPO absieht und lediglich entscheidet, dass dem Angeklagten die notwendigen Auslagen zu erstatten seien, soweit er freigesprochen wurde, so ist grundsätzlich die Differenzmethode anzuwenden (Meyer-Goßner/Schmitt aaO § 465 Rdn. 8 mwN).

2. Dies hat die Kostenbeamtin zutreffend erkannt und so die von ihr errechnete Differenz festgestellt. Selbst bei Ansatz der Wahlverteidigerhöchstgebühren wäre die Differenz zu den vom Antragsteller errechneten Gebühren und Auslagen im Verurteilungsfall niedriger als die festgesetzten Gebühren und Auslagen des Pflichtverteidigers, wie der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme zutreffend ausführt.

Die gezahlten Pflichtverteidigergebühren sind auch - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - bei einem Teilfreispruch in voller Höhe und nicht nur im anteiligen Verhältnis von Freispruch zu Verurteilung auf den Erstattungsanspruch anzurechnen (vgl. OLG Celle Beschluss vom 08. August 2016 - 1 Ws 382/16 Rdn. 24; OLG Braunschweig, Beschluss vom 26. Mai 2014 - 1 Ws 144/14 Rdn. 13; Thüringer OLG, Beschluss vom 28....

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