Leitsatz (amtlich)

1. Es bleibt offen, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband die Versorgung der einzelnen Wohnungen mit Kabelfernsehen als Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung an sich ziehen kann. Jedenfalls besteht eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zum Abschluss eines Vertrages mit einem Kabeldiensteanbieter dann, wenn die Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) eine Regelung über die Verteilung der Kosten des Kabelfernsehens enthält und die Versorgung mit Kabelfernsehen bereits bisher über gemeinschaftliche Leitungen aufgrund eines Vertrages der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Kabelbetreiber erfolgt ist.

2. Stützt ein Wohnungseigentümer den Antrag auf Ungültigerklärung eines Beschlusses über den Abschluss eines Breitbandkabelvertrages auch darauf, dass die Vertragsbedingungen nachteilig sind, so ist jedenfalls bei einer langen Laufzeit des Vertrages (hier zehn Jahre) von Amts wegen zu ermitteln, ob die Konditionen im Vergleich zu möglichen anderen Anbietern oder zu anderen Entgeltvarianten angemessen sind.

 

Normenkette

WEG § 21

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 28.03.2006; Aktenzeichen 41 T 2280/05)

AG Kempten (Aktenzeichen 34 UR II 13/04)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 28.3.2006 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 16.3.2004 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt 4 den Abschluss eines Folgevertrages über den Kabelempfang von Fernseh- und Rundfunkprogrammen sowie eine Umrüstung des Hausnetzes auf Sternverkabelung. Der Vertrag über den Radio- und Fernsehempfang (im Folgenden kurz Kabelvertrag) hat eine Laufzeit von zehn Jahren und sieht während der Laufzeit eine Entgelterhöhung vor.

Außerdem beschlossen die Wohnungseigentümer ebenfalls unter Tagesordnungspunkt 4, die Antragsteller zu verpflichten, die auf ihrer Sondernutzungsfläche aufgestellte Satellitenschüssel zu entfernen.

Die Antragsteller haben beim AG folgenden Antrag gestellt:

I. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.3.2004 wird in Punkt 4 für ungültig erklärt, soweit ein 10-Jahresvertrag der Gemeinschaft mit einem Sondernachlass und den fest vereinbarten Gebührenanpassungen mit einer Kabelgesellschaft abgeschlossen wird, ohne den Antragstellern als Miteigentümern, die eine Parabolantenne besitzen oder eine haben möchten, das Recht auf Freistellung von diesem Gruppenvertrag zu gewähren.

II. Der Beschluss unter Punkt 4, wonach die Antragsteller die auf der ihrer Sondernutzung zustehenden Gartenfläche aufgestellte Satellitenschüssel abbauen müssen, wird für ungültig erklärt.

Mit Beschl. v. 10.11.2004 hat das AG den Beschluss über die Entfernung der Satellitenschüssel für ungültig erklärt. Insoweit ist die Entscheidung rechtskräftig. Den Antrag bezüglich des Abschlusses des Kabelvertrages hat das AG zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, die mit Beschluss des LG vom 28.3.2006 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der sie insoweit ihren ursprünglich gestellten Antrag weiterverfolgen.

II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Das Rubrum war richtig zu stellen.

a) Im Beschlussanfechtungsverfahren ist Antragsgegnerin nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband, sondern es sind die einzelnen Wohnungseigentümer Verfahrensbeteiligte (BGH ZMR 2005, 547).

b) Die Verwalterin ist weitere Beteiligte (§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG) und als solche im Rubrum aufzuführen.

2. Das LG hat ausgeführt:

Der Antragsteller wende sich nicht gegen die Kabelverlegung. Das eigentliche Ziel des Antragstellers sei es, nicht mit den Kosten des Kabelanschlusses belastet zu werden. Das könne aber durch die Beschlussanfechtung nicht erreicht werden, weil die Kostenverteilung für das Kabelfernsehen in der Teilungserklärung festgelegt sei. Zwar könne die Eigentümerversammlung einen anderen Umlageschlüssel beschließen. Hierzu sei jedoch nichts vorgetragen worden.

3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das LG hat zwar richtig erkannt, dass es das eigentliche Ziel der Antragsteller ist, nicht mit den Kosten des Kabelanschlusses belastet zu werden. Hierin erschöpft sich jedoch das Begehren der Antragsteller nicht. Die Antragsteller haben in ihren Schriftsätzen deutlich gemacht, dass sie sich gegen den Beschluss über den Kabelvertrag insgesamt, insb. auch hinsichtlich der Konditionen, wenden. Zwar ist es das Hauptanliegen der Antragsteller, vom Anschluss und dami...

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