Leitsatz (amtlich)

Zur (teilweise) fehlenden Vollstreckungstauglichkeit eines Titels wegen Unbestimmtheit der in Abhängigkeit von Bezugsfaktoren beschriebenen Vollstreckungsforderung.

 

Normenkette

BGB § 779; ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1, § 867 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Garmisch-Partenkirchen (Beschluss vom 16.12.2015)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Garmisch-Partenkirchen - Grundbuchamt - vom 16.12.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte schloss mit dem Eigentümer des im gegenständlichen Grundbuch gebuchten Grundbesitzes und Drittwiderbeklagten in einem vor dem AG Garmisch-Partenkirchen geführten Rechtsstreit am 9.10.2012 einen Vergleich, der gemäß seiner am 18.3.2014 berichtigten Fassung in Ziffer 1 eine Zahlungsverpflichtung folgenden Inhalts ausspricht:

1. Der Drittwiderbeklagte verpflichtet sich, an die Beklagte (sc.: die Beteiligte) 23.500,00 Euro zu zahlen. 5.000,00 Euro sofort bis spät. 31.10.2012, zahlbar auf das Treuhandkonto ... Diese Summe wird nach erfolgtem rechtzeitigen und vollständigen Auszug an die Beklagte übergeben und verfällt ansonsten. Die restliche Summe wird in monatlichen Raten von 300,00 Euro, zahlbar jeweils zum Monatsersten, erstmalig zum 01.03.2013 an die Beklagte gezahlt. Sollte die Beklagte früher ausziehen so wird ab dem nächsten Monatsersten mit der Ratenzahlung begonnen, wobei sich die Vergleichssumme um diese Raten erhöht. Sollte die Beklagte verspätet ausziehen, so mindert sich der Ratenzahlungsanspruch anteilig. Die in Raten zu zahlende Summe wird seitens des Drittwiderbeklagten durch eine Bankbürgschaft gesichert. Die Bankbürgschaft ist bis zum 31.10.2012 zu erbringen und ist eine Räumungsvoraussetzung. Die Parteien sind sich einig, dass der Ratenzahlungsanspruch nicht vererblich ist.

Unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs nebst Zustellungsurkunde und qualifizierter Vollstreckungsklausel vom 2.3.2015, welche besagt, dass die Bedingung in Ziffer 1 des Vergleichs mit der am 2.7.2014 erfolgten Räumung des Anwesens eingetreten ist, hatte die Beteiligte am 16.3.2015 die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek über 2.400,00 EUR betreffend die Raten August 2014 bis März 2015 erlangt.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 4.12.2015 hat die Beteiligte beantragt, wegen Ratenzahlungsansprüchen für die Monate März 2014 bis Juli 2014 zu je 300,00 EUR eine Zwangssicherungshypothek im Betrag von 1.500,00 EUR einzutragen. Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 16.12.2015 zurückgewiesen mit der Begründung, für die geltend gemachten Monate bestehe im Hinblick auf den Zeitpunkt der Räumung kein Ratenzahlungsanspruch.

Mit der Beschwerde verfolgt die Beteiligte ihren Antrag weiter. Sie meint, für den bezeichneten Zeitraum bestehe der Zahlungsanspruch, weil die Räumungsvoraussetzungen erst mit dem verspäteten Stellen der Bankbürgschaft im September 2013 geschaffen worden seien und die Räumung sodann innerhalb der gewährten viermonatigen Räumungsfrist, gerechnet ab dem Datum der Titelberichtigung, erfolgt sei. Bis dahin sei der Verbleib in den Räumen nach dem Vergleich berechtigt gewesen. Auch die Bankbürgschaft sei über einen Betrag ausgestellt, der diese Summe beinhalte. Dem Vergleich lasse sich nichts dafür entnehmen, dass Ratenzahlungsansprüche erst ab der am 2.7.2014 erfolgten Räumung bestünden. Folgerichtig seien Ratenzahlungen sogar für den davorliegenden Zeitraum von März bis Juni 2013 geleistet worden.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II. Das Rechtsmittel der anwaltlich vertretenen Beteiligten ist als unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPlfG, § 71 Abs. 1 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Es erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet, denn die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der begehrten Sicherungshypothek sind nicht erfüllt.

1. Die Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867 ZPO) setzt in vollstreckungsrechtlicher Hinsicht (unter anderem) einen Titel voraus, aus dem eine fällige (§ 751 ZPO) Vollstreckungsforderung der Beteiligten als Gläubigerin gegen den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer als Schuldner hervorgeht, §§ 704, 794, 750 ZPO.

a) Ob die Beteiligte nach dem geschlossenen Vergleich einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die begehrten Raten hat, ist im Vollstreckungsverfahren allerdings nicht von Bedeutung (Zöller/Stöber ZPO 31. Aufl. vor § 704 Rn. 3 und 14).

Die Wirkungen des Prozessvergleichs richten sich entsprechend dessen rechtlicher Doppelnatur als sowohl prozessualer Vertrag als auch materiell-rechtliche Vereinbarung zum einen nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts, zum anderen nach den Regeln des materiellen Rechts. Deshalb können Inhalt und Umfang der materiell-rechtlichen Vereinbarung (§ 779 BGB) einerseits und des prozessualen Vertrags als Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) andererseits auseinanderfallen (BGH NJW 1991, 1995/1996). Materiell-rechtlich sind die Parteien aus dem Prozessvergleich nach Maßgabe ihres üb...

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