Leitsatz (amtlich)

1. Entspricht die rechtliche Bezeichnung einer in notarieller Urkunde enthaltenen Eintragungsbewilligung für eine Grundstücksbelastung nicht dem tatsächlichen Inhalt der Verpflichtung, so bedarf die gesamte Erklärung der Auslegung.

2. Bei dieser Auslegung kann das Grundbuchamt statt der in der Urkunde fehlerhaft bezeichneten Belastung für die Eintragung die zutreffende wählen.

 

Normenkette

GBO § 19

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 18.05.2006; Aktenzeichen 2 T 61/06)

AG Tirschenreuth

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG Weiden vom 18.5.2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Rechtsvorgänger des Beteiligten zu 1) - seine Eltern - erwarben zu notarieller Urkunde vom 19.8.1958 von der Beteiligten zu 2) den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz. In dem Kaufvertrag räumte die Beteiligte zu 2) den Erwerbern auf ihren angrenzenden Grundstücken je ein unentgeltliches Geh- und Fahrrecht ein. An diesen Grundstücken wurde zugunsten der Käufer je eine Grunddienstbarkeit bestellt. Die Käufer verpflichteten sich ihrerseits als Eigentümer in "für sich und ihre Besitz- und Rechtsnachfolger im Eigentum dieses Grundstückes verbindlicher Weise den jeweiligen Eigentümern der zuvor verpflichteten Grundstücke gegenüber, das in Frage kommende Wegegrundstück auf eigene Kosten in gut befahrbaren Zustand zu erhalten und zwar die Wegflächen von der Abzweigung eines Weges bis zum verfahrensgegenständlichen Grundstück. Zur Sicherung dieser Verpflichtung räumten die Käufer in der notariellen Urkunde den jeweiligen Eigentümern der vorgenannten Grundstücke eine Grunddienstbarkeit ein und bewilligten und beantragten den Eintrag derselben an dem dienenden Grundstück.

Im Grundbuch des verfahrensgegenständlichen Grundstücks wurde in Abteilung 2 unter laufender Nr. 1 ohne weitere Überschrift folgendes eingetragen:

"Verpflichtung zur Unterhaltung eines Wegestückes für jeweilige Eigentümer von FlstNr. XXX, YYY und ZZZ je Gemarkung A; gemäß Bewilligung vom 19.8.58. ..."

Der Beteiligte zu 1) erwarb 1995 den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz gegen Einräumung eines Wohnungs- und Benutzungsrechts zugunsten seiner Eltern von diesen. Er beantragte am 14.9.2005 die Löschung der oben bezeichneten Eintragung. Die Beteiligte zu 3) stimmte diesem Antrag zu, die Beteiligte zu 2) jedoch nicht. Das AG - Grundbuchamt - erließ am 14.3.2006 folgenden Beschluss.

"Es wird festgestellt, dass die im Grundbuch in Abteillung II unter Nr. 1 eingetragene Verpflichtung zur Unterhaltung eines Wegstückes gegenstandslos ist, § 87 Buchst. c) GBO".

Zur Begründung wurde festgestellt, dass die bezeichneten Wegflächen nunmehr zu einer öffentlichen Straße gehören, die im Eigentum der Beteiligten zu 3) steht. Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 2) Beschwerde ein, welche das LG mit Beschluss vom 18.5.2006 zurückwies. Gegen diesen ihr am 1.6.2006 zugestellten Beschluss legte die Beteiligte zu 2) mit Anwaltsschriftsatz am 14.6.2006 weitere Beschwerde ein.

II. Die weitere Beschwerde ist gem. § 78 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) ergibt sich schon daraus, dass diese eine Grundbuchposition zu verlieren droht (vgl. auch Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, 5. Aufl., Rz. 4 zu § 89 GBO). Ob die Grundbuchposition hier tatsächlich einen rechtlichen Vorteil bietet, ist Frage der Begründetheit der Beschwerde. Die Frist des § 89 Abs. 1 GBO ist gewahrt. In der Sache bleibt der weiteren Beschwerde ein Erfolg versagt.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die im verfahrensgegenständlichen Grundbuch eingetragene Belastung in Ziff. 1 sei schon deswegen zu löschen, weil sie die Verpflichtung zu einem positiven Tun enthalte. Diese Verpflichtung könne jedoch nicht Gegenstand einer Grunddienstbarkeit sein (BayObLG MittBayNot 2005, 307).

2. Diese Ausführungen halten - jedoch nur im Ergebnis - rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Der Senat ist mit dem BayObLG (Beschluss vom 25.2.2005, a.a.O.) der Auffassung, dass eine Grunddienstbarkeit, die eine positive Leistungspflicht des Verpflichteten enthält, einen unzulässigen Inhalt hat und deswegen zu löschen ist. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nach Ansicht des Senats nicht vor:

Der Grundbucheintrag bezeichnet die Art der Belastung nicht. Dies ist an sich nicht schädlich, weil lediglich der wesentliche Inhalt der Verpflichtung sich aus der Eintragung ergeben muss. Der wesentliche Inhalt der Verpflichtung spricht nach dem Wortlaut der Eintragung eher für eine Reallast als für eine Grunddienstbarkeit. Auch sie ist in Abteilung II des Grundbuchs einzutragen und kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt werden (§ 1105 Abs. 2 BGB). Die inhaltliche Unzulässigkeit der Eintragung ergibt sich demnach nicht direkt aus ihrem im Grundbuch verlautbarten Inhalt.

Sie ergibt sich auch nicht aus einem durch Auslegung nicht aufzulösenden Widerspruch zwischen dem Eintragungsvermerk und der dort in zulässiger Weise in Bezug genom...

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