Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfolgshonorarvereinbarung zwischen Prozessfinanzierer und Rechtsanwalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars, das ein Vermittler oder Prozessfinanzierer zunächst (vom Mandanten) vereinnahmen und dann zu einem (erheblichen) Teil an den Rechtsanwalt weiterreichen soll, ist an § 4a RVG zu messen.

2. Soll eine Erfolgshonorarvereinbarung mit einem Vermittler oder Prozessfinanzierer pauschal für alle von ihr erfassten Mandanten gelten, fehlt es an einer Einzelfallbetrachtung, wie sie § 4a Abs. 1 S. 1 RVG vorschreibt.

3. Sieht eine Erfolgshonorarvereinbarung vor, dass der Mandant zusätzlich zu dem Erfolgshonorar auch noch die regulären Anwaltsgebühren bezahlen soll, kommt eine Rechtfertigung gem. § 4a Abs. 1 S. 1 RVG nicht in Betracht.

4. § 4b RVG erhält nicht den Anspruch des Rechtsanwalts auf ein Zusatzentgelt aufrecht, das dieser von einem Vermittler oder Prozessfinanzierer zusätzlich zu seiner vom Mandanten zu zahlenden Vergütung vereinnahmen soll.

 

Normenkette

BGB § 134; BRAO § 49b Abs. 2 S. 1; RVG § 4a Abs. 1 S. 1, § 4b

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 31.01.2019; Aktenzeichen 10 O 9392/18)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 31.01.2019, Az. 10 O 9392/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Der Senat beabsichtigt zudem, das Rubrum auch des Ersturteils dahingehend zu ergänzen, dass die Beklagte zu 1) gesetzlich vertreten wird durch den Beklagten zu 2). Gemäß § 51 Abs. 1 Fall 2 ZPO muss die Beklagte zu 1) nämlich im Rechtsstreit gesetzlich vertreten werden (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 49. Aufl. 2019, § 51 Rn. 3, 6a). Die Vertretungsberechtigung des Beklagten zu 2) ergibt sich aus dem von diesem mit Schriftsatz vom 19.06.2019 (Bl. 78 der Akte) vorgelegten Auszug aus dem Partnerschaftsregister.

3. Zu Ziffern 1. und 2. besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24.10.2019.

 

Gründe

Das Landgericht hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen. Die dagegen gerichteten Berufungsrügen der Kläger greifen nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob dem Zahlungsbegehren der Kläger, wie das Landgericht argumentiert, § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegensteht. Die Klage erweist sich aus anderen Gründen als nicht begründet.

1. In Bezug auf die Klage gegen die Beklagte zu 1) ist schon fraglich, ob die Beklagte zu 1) überhaupt durch die streitgegenständliche Vereinbarung (Anlage K1) verpflichtet wurde.

Dagegen spricht der Wortlaut: Gemäß Ziffer 4 der Vereinbarung wird lediglich "F.H." zur Zahlung verpflichtet. Im Rubrum der Vereinbarung wird "F.H." als Rechtsanwalt F. H. definiert. Dies ist der Beklagte zu 2). Dass zuvor mitgeteilt wird, dass der Beklagte zu 2) Partner bei der Beklagten zu 1) sei, dürfte für eine eigenständige vertragliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) nicht ausreichend sein.

2. Die Klageanträge Nr. 1-3 haben überdies keinen Erfolg, weil die Kläger gegen die Beklagten keinen Anspruch auf entsprechende Auskunftserteilung und Abrechnung aus Ziffer 5 der Vereinbarung vom 11.06.2016, geändert am 10.05.2017 (Anlage K1), haben. Denn die Auskunft und Abrechnung gemäß Ziffer 5 betrifft die Zahlungspflichten der Parteien gemäß Ziffern 3 und 4 der Vereinbarung. Diese jedoch sind unwirksam.

2.1. Ziffer 3 der Vereinbarung ist gemäß § 134 BGB in Verbindung mit §§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO, 4a Abs. 1 RVG unwirksam. Infolgedessen ist gemäß § 139 BGB auch Ziffer 4 der Vereinbarung unwirksam.

2.1.1. Ziffer 3 der Vereinbarung verstößt gegen §§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO, 4a Abs. 1 RVG.

Gemäß § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO ist es unzulässig, dass ein Rechtsanwalt ein Erfolgshonorar erhält, soweit das RVG nichts anderes bestimmt. Gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG ist ein solches Erfolgshonorar nur im Einzelfall und nur dann möglich, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

Mit dieser Regelung ist Nr. 3 der Vereinbarung (Anlage K1) nicht vereinbar.

Darin verpflichten sich die Kläger, den fünften Teil bzw. - ab 10.05.2017 - 50% eines Erfolgshonorars, das sie von den Klienten einnehmen, an den Beklagten zu 2) zu zahlen. Auch wenn das Erfolgshonorar damit zunächst von den Klägern vereinnahmt werden soll, ist es gemäß Ziff. 3 der Vereinbarung (Anlage K1) zu einem erheblichen Teil an den Beklagten zu 2) weiterzureichen. Anders gewendet: Der Beklagte zu 2) vereinnahmt einen erheblichen Teil eines Erfolgshonorars, das (auch) seine Klienten bezahlen sollen.

Eine Rechtfertigung gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG liegt nicht vor. Es fehlt ...

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