Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt im Mangelfall: Anrechnung des Kindergeldes nach der gesetzlichen Neuregelung des Mindestbedarfs des unterhaltsberechtigten Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Die gesetzliche Neuregelung des Mindestbedarfs des unterhaltsberechtigten Kindes und der bedarfsdeckenden Anrechnung des Kindergelds führt dazu, dass in Mangelfällen in allen drei Altersgruppen von der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle, die dem Mindestbedarf entspricht, auszugehen ist und zunächst - der Regelung des § 1612b Abs. 1 BGB entsprechend - das Kindergeld hälftig (oder in voller Höhe, je nach Betreuungssituation) anzurechnen ist. Der sich so ergebende (Zahl-)Betrag ist dann je nach Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten gegebenenfalls erneut zu reduzieren. Da Ausgangspunkt wegen der bedarfsdeckenden Anrechnung des Kindergelds aber bereits ein um dieses reduzierter Betrag ist, kommt eine (nochmalige) Anrechnung des Kindergelds auf den nach der Leistungsfähigkeit des Schuldners bemessenen prozentualen Zahlbetrag nicht in Betracht (Rz. 12).

Diese Entscheidung wird zitiert ...

 

Normenkette

BGB § 1612b Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Fürstenfeldbruck (Beschluss vom 04.05.2009)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerden beider Parteien hin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Fürstenfeldbruck vom 4.5.2009 dahingehend abgeändert, dass der vom Antragsgegner an den Antragsteller ... geboren am ..., ab 1.12.2008 monatlich jeweils im Voraus zum 1. eines Monats zu zahlende Unterhalt auf 68 % des jeweiligen Mindestunterhalts gem. § 1612a Abs. 1 BGB der 3. Altersstufe nach Abzug des hälftigen gesetzlichen Kindergelds für ein 1. Kind, somit derzeit 201 EUR ((377 EUR - 82 EUR) × 68 %), festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der Antrag auf Festsetzung von Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren sowie die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss vom 4.5.2009 zurückgewiesen.

II. Die Kosten des gesamten Verfahrens werden jeweils gegeneinander aufgehoben.

III. Der Beschwerdewert wird auf 324 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Antrag vom 11.12.2007 beantragte ... geboren am 7.6.1996, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie ... Beistand die Festsetzung von Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrags im vereinfachten Verfahren und ergänzte diesen Antrag mit Schriftsatz vom 31.10.2008 dahingehend, dass ab dem 1.1.2008 jeweils 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe gefordert werden. Mit Schriftsatz vom 3.3.2009 teilte der Antragsteller mit, dass Rückstände bis einschließlich 30.11.2008 nicht bestehen, nachdem aufgrund nunmehr vorgelegter Lohnabrechnungen festgestellt worden sei, dass sich ein Mangelfall ergebe. Zugleich änderte der Antragsteller seinen Antrag dahingehend ab, dass ab dem 1.1.2008 jeweils 68 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe gefordert werden. Im Rahmen des ersten Antrags wurde mitgeteilt, dass die Mutter das Kindergeld erhält und dieses ab 1.11.2007 154 EUR monatlich beträgt.

Diesen ihm am 10.3.2009 zugestellten Antrag erkannte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 9.4.2009 unter Verwahrung gegen die Kostenlast für die Zeit ab Mai 2009 an. Dabei führte der Antragsgegner aus, dass Unterhaltsrückstände nicht bestehen und er zu keinem Zeitpunkt Veranlassung zur Einleitung des Verfahrens gegeben habe, sondern seine Unterhaltsverpflichtung von vorneherein im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit anerkannt und erfüllt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 10.3.2009 Bezug genommen (Bl. 10 - 12 d.A.).

Mit Beschluss vom 4.5.2009 setzte das AG. den zu zahlenden Unterhalt auf 68 % des jeweiligen Mindestunterhalts gem. § 1612a Abs. 1 BGB der 3. Altersstufe fest und bestimmte zugleich, dass sich die Unterhaltsleistung um das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind, derzeit monatlich 77 EUR, mindere, so dass der zu zahlende Unterhalt 174 EUR monatlich betrage.

Gegen diese ihm am 8.5.2009 zugestellte Entscheidung legte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15.5.2009, bei Gericht eingegangen am 19.5.2009, sofortige Beschwerde ein mit der Begründung, dass der zu zahlende Unterhalt auf 68 % des Mindestunterhalts nach Abzug des Kindergelds festzusetzen sei.

Mit Schriftsatz vom 22.5.2009, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, legte auch der Antragsgegner gegen die ihm gleichfalls am 8.5.2009 zugestellte Entscheidung sofortige Beschwerde ein, da er den Unterhaltsanspruch in der Vergangenheit stets erfüllt und keinen Anlass zur Einleitung des Verfahrens gegeben habe.

Mit nicht begründetem Beschluss vom 2.7.2009 half das AG. beiden Beschwerden nicht ab.

II. Beide Beschwerden gegen den Festsetzungsbeschluss vom 4.5.2009 sind zulässig (§ 652 i.V.m. § 569 ZPO). Die Beschwerde des Antragstellers ist insoweit begründet, als die Festsetzung des Unterhalts auf 68 % des Mindestunterhalts nach Kindergeldverrechnung zu erfolgen hat, diejenige des Antragsgegners ist insoweit begründet, als er einen späteren Zeitpunkt des Beginns der Unterhaltsverpflichtung begehrt. Im Einzelnen:

Soweit vom...

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