Leitsatz (amtlich)

An den Nachweis von Existenz und Inhalt eines Testaments, dessen Urkunde nicht vorgelegt werden kann, sind strenge Anforderungen zu stellen.

 

Normenkette

BGB §§ 2247, 2356

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 06.11.2007; Aktenzeichen 5 T 1854/07)

AG Augsburg (Aktenzeichen VI 567/05)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 10 gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 6.11.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 10 hat die den übrigen Beteiligten im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 120.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die verwitwete, kinderlose Erblasserin ist am 12.11.2006 im Alter von 91 Jahren verstorben. Die Beteiligten zu 1 bis 9 sind Verwandte, die als gesetzliche Erben in Betracht kommen. Die Beteiligte zu 10 ist die Tochter der früheren Arbeitgeberin der Erblasserin. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus einem Hausgrundstück im Wert von rund 120.000 EUR und Bankguthaben in etwa gleicher Höhe.

Ein am 26.6.2001 in amtliche Verwahrung gegebenes privatschriftliches Testament hat die Erblasserin am 26.10.2006 zurückgenommen. Das Testament wurde nach dem Tod der Erblasserin nicht aufgefunden. Der Entwurf eines notariellen Testaments, der aufgrund einer Besprechung mit der Erblasserin am 23.10.2006 erstellt wurde, sieht die Beteiligte zu 10 als Alleinerbin vor. Zur Beurkundung der letztwilligen Verfügung und der ebenfalls zugunsten der Beteiligten zu 10 vorgesehenen Generalvollmacht kam es nicht mehr, da die Erblasserin am 29.10.2006 einen Schlaganfall erlitt, an dessen Folgen sie verstarb.

Die Beteiligten zu 1 bis 9 gehen davon aus, dass die Erblasserin das eigenhändige Testament vernichtet hat. Dessen Inhalt sei nach Angaben der Erblasserin gewesen, dass die Beteiligte zu 2 das Haus und die Beteiligten zu 6 bis 9 das Geldvermögen erhalten sollten. Die Beteiligte zu 2 hat einen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge beantragt, der als Miterben die Beteiligten zu 1 und 2 zu je ¼, die Beteiligten zu 3 bis 5 zu je 1/8 und die Beteiligten zu 6 bis 9 zu je 1/32 ausweist. Die Beteiligte zu 10 ist dem entgegengetreten. Sie meint, das eigenhändige Testament sei ohne Zutun der Erblasserin verloren gegangen. Danach habe die Beteiligte zu 2 das Haus und sie selbst das Geldvermögen erhalten sollen.

Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 28.3.2007 angekündigt, einen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge zu erteilen. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei davon auszugehen, dass die Erblasserin das aus der Verwahrung genommene Testament selbst vernichtet habe. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 10 Beschwerde eingelegt. Das LG hat Beweis erhoben durch persönliche Anhörung der Beteiligten zu 2, 4 bis 9 und 10 sowie Vernehmung der Rechtspflegerin E., der Pflegedienstmitarbeiterin K., der Nachbarin L., der Bankangestellten B. und des Ehemannes der Beteiligten zu 2. Mit Beschluss vom 6.11.2007 hat das LG die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 10.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Kammer sei davon überzeugt, dass die Erblasserin ein formgültiges handschriftliches Testament errichtet habe. Hinsichtlich des Inhalts blieben jedoch auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme Zweifel, die zu Lasten der Beteiligten zu 10 gingen. Die Beteiligte zu 10 habe angegeben, das Testament "ein paar Jahre" vor der Rücknahme aus der Verwahrung gelesen zu haben, und den Inhalt im Einzelnen wiedergegeben. Ihre Angaben begegneten allerdings insoweit Bedenken, als sie sich zwar an den genauen Wortlaut und inhaltliche Einzelheiten, nicht aber an den konkreten Anlass erinnern konnte, bei dem ihr die Erblasserin das Testament zum Lesen gegeben habe. Auch sei das Testament bereits im Juni 2001 in amtliche Verwahrung gegeben worden. Sie habe ein erhebliches Eigeninteresse, da sie bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge nichts erhalte. Außergerichtlich habe die Beteiligte zu 10 mit Anwaltsschreiben der Beteiligten zu 2 zuerst mitteilen lassen, selbst nach dem Testament das Haus der Erblasserin zu erhalten, die Beteiligte zu 2 das übrige Vermögen, was mit einem späteren Schreiben als Informationsversehen erklärt worden sei. Von den übrigen Zeugen habe niemand das Testament selbst gelesen. Gegenüber den Zeuginnen E. und K. habe die Erblasserin den Inhalt ihres Testaments so wiedergegeben wie auch von der Beteiligten zu 10 berichtet. Hingegen habe sie nach Angaben der Beteiligten zu 2, 6 und 9 sowie des Ehemannes der Beteiligten zu 2 und der Nachbarin geäußert, die "R." (Beteiligte zu 2) bekämen das Haus und die "W." (Beteiligte zu 6 bis 9) das Geld. Auch diese Aussagen seien nicht frei von Widersprüchen. Es sei auch durchaus möglich, dass die Erblasserin ggü. den verschiedenen Personen sich unterschiedlich zum Inhalt des Testament...

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