Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes auf Prozesskostenvorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

Anspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes (oder: von Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind) auf Prozesskostenvorschuss zur Geltendmachung ihres eigenen Unterhalts gegen den Vater.

 

Normenkette

BGB §§ 1610, 1615 l

 

Verfahrensgang

AG Landsberg a. Lech (Aktenzeichen 1 F 432/99)

 

Tenor

Der Antrag der Gesuchstellerin Claudia A. auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Sie macht mit ihrer Berufung rückständigen Unterhalt für den Monat Mai 1999 i.H.v. 1.300 DM geltend.

Der Antrag der Gesuchstellerin A. auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz, §§ 119 Abs. 1, 114 ZPO ist zurückzuweisen, da sie nicht glaubhaft gemacht hat, dass sie nicht einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Beklagten und Antragsgegner nach §§ 127a Abs. 1, 621 Abs. 1 Ziff. 11 ZPO, 1615 1 Abs. 3, 1610 Abs. 2 BGB realisieren kann.

a) Die Gesuchstellerin A. hat dem Grunde nach gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch als Mutter eines Kindes von Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, § 1615l BGB. Davon gehen auch beide Parteien aus. Strittig war vor allem in erster Instanz lediglich die Höhe dieses Unterhaltsanspruchs.

Nach § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB sind die Vorschriften über den Verwandtenunterhalt sinngemäß anzuwenden. Das bedeutet eine Verweisung auf die §§ 1602 ff. BGB. Zum Lebensbedarf nach § 1610 Abs. 2 BGB gehört auch ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss. Dies ist bei minderjährigen Kindern allgemein anerkannt, umstritten bei volljährigen Kindern (vgl. zum Meinungsstand Palandt, Bearbeiter Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1610 Rz. 13 und vor allem Gießler, Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, 3. Aufl., Rz. 729 m. zahlr. w.N. aus der Rspr.). Die wohl überwiegende Meinung gibt volljährigen Kindern, soweit es um Ausbildungsunterhalt geht, einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Senats. Die neuere Rechtsprechung tendiert ersichtlich im weiteren Umfang für die Bejahung eines Prozesskostenvorschusses auch gegenüber volljährigen Kindern, wobei zum Teil eine Analogie zu § 1360a Abs. 4 BGB gesehen wird (vgl. OLG Hamm v. 9.11.1998 – 13 WF 437/98, NJW 1999, 798; OLG Zweibrücken v. 25.10.1995 – 5 UF 39/95, FamRZ 1996, 891 unter Hinweis auf BGH FamRZ 1984, 456).

b) Diese neuere Rechtsprechung ist Hinweis für eine Ausweitung der Prozesskostenvorschusspflicht, wie es auch schon seit längerer Zeit von anderen Gerichten gesehen wird (vgl. BVerwG v. 7.1.1994 – 6 C 34/92, FamRZ 1994, 439).

c) Die Mutter eines Kindes von Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, steht im Rang einem volljährigen Kind gleich, § 1615l Abs. 3 S. 3 BGB. Unter Heranziehung der oben zitierten Rechtsprechung erscheint daher und aufgrund des Verweises des § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB auf die Vorschriften über den Verwandtenunterhalt eine Prozesskostenvorschusspflicht des Vaters billig.

d) In der Kommentierung zum materiellen Recht finden sich bisher wenig Erläuterungen. Zum Teil wird ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss der Mutter eines Kindes von Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind und die einen Anspruch nach § 1615l BGB besitzt, mit und ohne Begründung abgelehnt (Gerhard/von Heinschel-Heineg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Aufl., Bearbeiter Gerhard, 6. Kap., Rz. 211a; Büttner, FamRZ 2000, 786; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe u. Beratungshilfe, 2. Aufl., Rz. 359).

Neben der allgemeinen Tendenz, Prozesskostenvorschusspflichten auszuweiten, spricht aber auch die Neuregelung des § 1615l BGB für eine solche Prozesskostenvorschusspflicht des Beklagten und Antragsgegners. Die gesellschaftlichen Anschauungen haben sich geändert, wie sich auch in der geänderten Gesetzgebung, u.a. in § 1615l BGB für Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind und bei dem ein Elternteil dem Grunde nach einen Anspruch nach § 1615l BGB besitzt, zeigt. Zum einen haben sich in der Gesellschaft Beistandspflichten auch unter Eltern herausgebildet, die nicht miteinander verheiratet sind, und zum anderen soll die Betreuung nichtehelicher Kinder wesentlich verbessert werden (vgl. zur Entwicklung der neueren Gesetzgebung Staudinger, BGB, Juni 1997, Bearbeiter Eichenhofer, § 1615l Rz. 2 mit 4).

Auf diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, der Mutter, die einen Anspruch nach § 1615l BGB gegen den Vater hat, auch einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zuzubilligen, da sich die gesellschaftlichen Voraussetzungen seit der Entscheidung des BGH (BGH FamRZ 1984, 456), der als weitere Voraussetzung für einen Prozesskostenvorschuss eine besondere Verantwortung des Verpflichteten für den Berechtigten verlangte, geändert haben (vgl. wie hier Wax in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 127a Rz. 9; Musielak/Borth, Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 127a Rz. 8; Gießler, Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- ...

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