Leitsatz (amtlich)

Die Aufforderung nach § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO an die Gegenseite braucht nicht von der Partei persönlich auszugehen. Nimmt eine dritte Person (hier: der benannte Schiedsrichter) die Aufforderung vor, muss jedoch zum Ausdruck kommen, dass sie von der Partei ausgeht. Ob die bürgerlich-rechtlichen Regeln über die Zurückweisung des Dritten bei einseitigen Rechtsgeschäften Anwendung finden, bleibt offen.

 

Normenkette

BGB §§ 174, 180; ZPO § 1035

 

Tenor

I. Zum zweiten beisitzenden Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen Ansprüchen aus dem Sozietätsvertrag vom 28.12.2001 auf Schadensersatz, Rückerstattung von Entnahmen, Rückgabe eines Laptops sowie Erstattung weiterer Kosten wird bestellt:

Rechtsanwalt ...

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Bestellungsverfahrens.

III. Der Streitwert des Bestellungsverfahrens wird auf 25.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien gründeten am 28.12.2001 zusammen mit einem inzwischen wieder ausgeschiedenen Gesellschafter eine Rechtsanwaltssozietät. Der Gesellschaftsvertrag enthält in § 18 (Schiedsgericht) folgende Bestimmung:

Alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag einschließlich Streitigkeiten über seinen Bestand oder seine Beendigung, die zwischen den Partnern und/oder zwischen einem Partner oder mehreren Partnern einerseits und der Sozietät andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem Schiedsgericht endgültig und verbindlich entschieden. Auf das schiedsrichterliche Verfahren finden die Vorschriften der ZPO Anwendung. Ort des Schiedsgerichts ist München.

Der Antragsteller beabsichtigt, gegen den Antragsgegner im Wege der Schiedsklage Ansprüche auf Schadensersatz, Rückerstattung von Entnahmen aus dem Sozietäts-vermögen, Herausgabe eines Laptops sowie Erstattung weiterer Kosten geltend zu machen.

Mit Schreiben vom 22.6.2010 forderte der vom Antragsteller benannte Schiedsrichter den Antragsgegner namens und im Auftrag des Antragstellers auf, einen weiteren Schiedsrichter zu benennen. Dieser Aufforderung kam der Antragsgegner nicht nach.

Unter dem 2.8.2010 hat der Antragsteller deshalb beim OLG die Bestellung eines Schiedsrichters für den Antragsgegner beantragt und drei Vorschläge für nach seiner Meinung geeignete und bereite Schiedsrichter unterbreitet.

Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Äußerung. Er wendet gegen den Antrag ein, er sei nicht wirksam zur Benennung eines Schiedsrichters aufgefordert worden, da er nicht vom Antragsteller, sondern unzulässigerweise von dessen Schiedsrichter dazu aufgefordert worden sei. Darüber hinaus lehnt er die vom Antragsgegner gemachten Personalvorschläge ab.

II. Der zulässige Bestellungsantrag ist begründet.

1. Die Zuständigkeit des Senats für die Bestellung eines Schiedsrichters folgt aus § 1025 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 und Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl. S. 471), da in der Schiedsvereinbarung München als Schiedsort bezeichnet ist (§ 1062 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO).

2. Gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehen keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens einer abschließenden Entscheidung bedarf.

3. Weil die Parteien keine abweichenden Bestimmungen getroffen haben, richtet sich das Verfahren zur Bildung des Schiedsgerichts und zur Bestellung von Schiedsrichtern nach den gesetzlichen Regeln. Maßgeblich ist § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Hiernach besteht das Schiedsgericht aus drei Personen. Jede Partei bestellt zunächst einen Schiedsrichter. Hat eine Partei den Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch die andere Partei bestellt, ist der Schiedsrichter auf Antrag der anderen Partei durch das Gericht zu bestellen (§ 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO).

Mit fruchtlosem Ablauf der Monatsfrist geht die Kompetenz zur Bestellung des Schiedsrichters auf das Gericht über (BayObLGZ 2002, 17; OLG München vom 26.4.2006, 34 SchH 004/06, OLGReport 2006, 535). Voraussetzung ist die wirksame Aufforderung, die nach herrschender Meinung die schriftliche Bezeichnung des eigenen Schiedsrichters und die ausreichende Bezeichnung der Rechtsstreitigkeit verlangt (§ 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Diese Voraussetzungen erfüllt das Aufforderungsschreiben vom 22.6.2010. Da die Aufforderung, einen Schiedsrichter zu benennen, nicht notwendig durch den Antragsteller persönlich erfolgen muss, ist es unschädlich, wenn die Anzeige der Benennung, verbunden mit der Aufforderung an die andere Partei, einen Schiedsrichter zu benennen, durch eine dritte Person, hier durch den vom Antragsteller benannten Schiedsrichter, in dessen Vollmacht vorgenommen wird. Eine bestimmte Form für die Aufforderung ist nicht vorgeschrieben; es muss nur klargestellt sein, dass sie vom Antragsteller selbst ausgeht. Eine formlose Beauftragung des bereits benannten Schiedsrichters, die Anzeige vorzunehmen, ist dabei zulässig (Schlosser in Stein/Jonas ZPO, 22. Aufl., § 1035 Rz. 2; HK-ZP...

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