Leitsatz (amtlich)

Der für ein deutsches Mädchen von seinen deutschen Eltern gewählte Vorname Zoë in der ausdrücklich gewünschten Schreibweise mit zwei Punkten über dem e (sog. Trema) ist im Geburtenregister in dieser Schreibweise mit Trema einzutragen..

 

Normenkette

GG Art. 6 Abs. 2; BGB §§ 1616, 1626; PStG § 21; PStV § 15 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 25.05.2010; Aktenzeichen 4 T 1590/10)

AG Traunstein (Aktenzeichen UR III 10/09)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 25.5.2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die miteinander verheirateten Beteiligten zu 1 und 2 sind die Eltern eines am 28.3.2009 in R. (Bayern) geborenen Mädchens. Sie möchten dem Mädchen den Vornamen Zoë und einen weiteren Vornamen geben. Das Standesamt bot die Eintragung in der Schreibweise Zoe (ohne die zwei Punkte über dem e, sog. Trema) an, lehnte aber die Schreibweise Zoë (mit Trema) ab. Das AG wies das Standesamt an, Zoë (mit Trema) einzutragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Standesamtsaufsicht verwarf das LG wegen Fristversäumung als unzulässig. Gegen die Entscheidung des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standsamtsaufsicht.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Auf das Verfahren findet das vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltende Recht Anwendung, da das Verfahren in erster Instanz vor dem 1.9.2009 begonnen hat (Art. 111 FGG-RG). In diesem Fall richtet sich das gesamte Verfahren, einschließlich Rechtsmittelverfahren und Instanzenzug, nach altem Recht (BGH DB 2010, 553; OLG München ZIP 2010, 496; OLG Köln NJW 2010, 1009; OLG Dresden FGPrax 2010, 53; OLG Düsseldorf FGPrax 2009, 284; OLG Hamm FGPrax 2009, 285; OLG Schleswig NJW 2010, 242; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2009, 872; OLG Nürnberg Rpfleger 2010, 374).

Danach ist gegen die Entscheidung des LG die sofortige weitere Beschwerde gegeben (§ 53 Abs. 1 Satz 1 PStG in der vom 1.1.2009 bis 31.8.2009 geltenden Fassung i.V.m. § 29 Abs. 2, Abs. 4, § 22 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere auch fristgerecht binnen zwei Wochen nach Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses an die Standesamtsaufsicht eingelegt (§ 22 Abs. 1, § 16 FGG). Auf die zwei Tage zuvor erfolgte Zustellung an die allgemeine Einlaufstelle der "Stadt R., vertreten durch den Bürgermeister" (wie es fälschlich im Rubrum des LG heißt) kommt es insoweit nicht an.

2. Die sofortige weitere Beschwerde führt zur sachlichen Prüfung, da die Erstbeschwerde im Ergebnis zu Unrecht als unzulässig verworfen wurde. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

a) Das LG hat die Erstbeschwerde zu Unrecht als verfristet zurückgewiesen. Es trifft zwar zu, dass die Beschwerdeführerin die zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde (Art. 111 FGG-RG, § 53 Abs. 1 Satz 1 PStG in der vom 1.1.2009 bis 31.8.2009 geltenden Fassung, § 22 Abs. 1 FGG) versäumt hat. Das wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Der Standesamtsaufsicht ist aber auf ihren fristgerecht gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 22 Abs. 2 FGG). Da das LG vor seiner Verwerfungsentscheidung die Standesamtsaufsicht nicht auf die versäumte Rechtsmittelfrist hingewiesen hatte, hat die Standesamtsaufsicht erst durch die Entscheidung des LG von der Fristversäumung erfahren und nicht bereits im landgerichtlichen Beschwerdeverfahren den Wiedereinsetzungsantrag stellen können, über den sodann das LG zu befinden gehabt hätte. Über den fristgerecht erst nach der landgerichtlichen Entscheidung gestellten Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das OLG. Der Senat gewährt Wiedereinsetzung. Die Beschwerdeführerin hat glaubhaft gemacht, dass sie für die Anfechtung der Entscheidung vom 25.1.2010 das seit 1.9.2009 geltende neue Recht für anwendbar hielt, welches eine Beschwerdefrist von einem Monat vorsieht (§ 63 Abs. 1 FamFG). Nach zwischenzeitlich praktisch einhelliger Rechtsprechung (vgl. die Nachweise oben) zum Verständnis der Übergangsregelung in Art. 111 FGG-RG trifft das nicht zu; vielmehr führt der Beginn des Verfahrens in erster Instanz vor dem 1.9.2009 zur Anwendung des alten Rechts auch im Rechtsmittelverfahren, und zwar auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung erst nach dem Stichtag erlassen wurde. Das war zum damaligen Zeitpunkt aber noch nicht gefestigte Rechtsprechung. In ersten Kommentaren zur Übergangsvorschrift wurde seinerzeit das Gegenteil vertreten (vgl. nur Zöller/Geimer ZPO, 28. Aufl. Einl FamFG Rz. 54). Eine Rechtsmittelbelehrung, wie sie nunmehr in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit allgemein vorgeschrieben ist (§ 39 FamFG) enthielt der erstinstanzliche Be-schluss nicht. In der Gesamtschau sieht der Senat die Fristversäumung hier als unverschuldet an und gewährt Wiedereinsetzung.

b) Die Verwerfung der Erstbeschwerde als unzulässig kann somit keinen Bestand haben. Der Senat kann gleichwohl von einer Zurückverweisung an das...

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