Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast bei Abänderungsklage bei Mindestunterhalt; Sicherung des Minderjährigenunterhalts hat Priorität; Aushilfstätigkeiten sind angemessen

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Behauptung einer Leistungsunfähigkeit in Bezug auf den Mindestunterhalt eines Kindes ist der Barunterhaltspflichtige in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig.

 

Normenkette

BGB § 1603

 

Verfahrensgang

AG Memmingen (Beschluss vom 07.01.2008; Aktenzeichen 2 F 762/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des AG - FamG - Memmingen vom 7.1.2008 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde, mit der sich der Kläger gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für seine Unterhaltsabänderungsklage wendet, ist unbegründet.

Die Abänderungsklage hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Das AG hat zu Recht den Kläger als zumindest fiktiv leistungsfähig zur Zahlung des titulierten Mindestunterhalts für seine minderjährigen Kinder angesehen.

Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses und der Nichtabhilfeentscheidung vom 15.1.2008 wird Bezug genommen.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen folgendes auszuführen:

Aufgrund § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB besteht ggü. minderjährigen Kindern eine verschärfte Verpflichtung des Barunterhaltspflichtigen zur Ausnutzung seiner Arbeitsfähigkeit (BGH FamRZ 1994, 372; BGH FamRZ 1998, 357). Für die Behauptung einer Leistungsunfähigkeit in Bezug auf den Mindestunterhalt im Sinn eines Existenzminimums der Kinder ist der Barunterhaltspflichtige in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet (BGH FamRZ 1996, 345). Deshalb kann sich der Kläger nicht darauf zurückziehen, er sei vom AG nicht auf eine bestimmte Anzahl notwendiger Bewerbungen hingewiesen worden.

Die Arbeitssuche hat sich wegen der verschärften Obliegenheiten zur Sicherung des Existenzminimums minderjähriger Kinder auch auf Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten zu erstrecken (OLG Köln, NJWE-FER 1999, 84 [85]). Die eigenen Berufsvorstellungen und Dispositionen haben dabei weitgehend hinter der Elternverantwortung zurückzustehen, weshalb sich die Bemühungen um die Wiedererlangung einer Arbeit nicht auf den Bereich des erlernten Berufes oder der zuletzt ausgeübten Tätigkeiten beschränkten dürfen. Vielmehr ist dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich anzusinnen, sich jedenfalls nach einiger Zeit um jede Art von Tätigkeit, auch eine solche unterhalb seines Ausbildungsniveaus zu bemühen. Hierzu zählen Arbeiten für ungelernte Kräfte ebenso wie Arbeiten zu ungünstigen Zeiten oder zu weniger attraktiven Arbeitsbedingungen (OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 29 [30]).

Für die Arbeitssuche ist - ohne dass es auf eine bestimmte Anzahl von Bewerbungen ankommt - bei einem Arbeitslosen jedenfalls die Zeit aufzuwenden, die der Arbeitszeit eines vollschichtigen Erwerbstätigen entspricht (OLG Köln, a.a.O.; FamRZ 1997, 1004; OLG Stuttgart, FamRZ 2006, 1757).

Für die ordnungsgemäße Erfüllung der genannten strengen Obliegenheiten ist der Barunterhaltsverpflichtete darlegungs- und beweisbelastet. Dies gilt auch für die Behauptung angeblich fehlender realer Beschäftigungschancen (OLG Brandenburg, Jugendamt 2004, 502 [503]). Zweifel daran, dass bei angemessenen Bemühungen eine Beschäftigungschance von vornherein auszuschließen ist, gehen daher zu Lasten des Barunterhaltsverpflichteten. Die Sicherstellung des Minderjährigenunterhalts genießt im Familienrecht absolute Priorität (OLG Saarbrücken ZFG 2005, 100 f.).

Den strengen gesetzlichen Anforderungen genügt das Klagevorbringen nicht.

Der Kläger bringt zwar vor, dass "eine Position als Generalist" am ehesten im Bereich des Möglichen wäre (Schreiben vom 14.1.2008), dass seine Bewerbungen seinen "Charakter als kreativer Kopf unterstreichen und sein breites Spektrum aufzeigen" und er sich "vom Finanzmann zum Künstler entwickelt habe, der eine Weltneuheit in einem Dating-Party-Spiel entwickelt habe" (Schreiben vom 14.1.2008). Gleichzeitig räumt er ein, dass er sich "selbst für keine der beworbenen Positionen einstellen" würde (die vorgelegten Bewerbungen betreffen überwiegend leitende Positionen).

Zudem ergibt sich aus den Schreiben des Klägers, dass er nicht den Minderjährigenunterhalt, sondern seinen "Streitsachen mit den Gerichten" und anderen Aktivitäten zeitlich Vorrang gibt. Wie oben ausgeführt, genießt jedoch die Sicherung des Minderjährigenunterhalts im Familienrecht absolute Priorität.

Auf die Frage, ob Erfolgsaussichten der Abänderungsklage auch deshalb verneint werden müssten, weil gem. § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB (wonach alle vorhandenen Mittel eingesetzt werden müssen) die Darlehensforderung ggü. der Firma "Mini-Job-Center", die nach der Bestätigung der Alleineigentümerin Elisabeth Hörmann einen Verkehrswert von 4.500 EUR hat und in dieser Höhe auch verwertbar ist, für den Kindesunterhalt eingesetzt werden müsste (vgl. BGHZ 75, 272 [278]), kommt es somit nicht an.

Ebenso kann dahinstehen, ob wegen der den sozialhilferechtlichen Schonbet...

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