Leitsatz (amtlich)

1. Ein Nachlassverwalter ist wie ein Nachlasspfleger zu vergüten. Ist der Nachlass nicht mittellos, erhöht sich die Vergütung für bis 30.6.2005 wahrgenommene Nachlassverwaltungen über die Mindestsätze nach § 1 BVormG hinaus in der Regel angemessen, da diese wegen im Vergleich zum Betreuer unterschiedlicher Tätigkeit und Interessenlage nicht als Orientierungshilfe für den Regelfall gelten können.

2. Auch bei dem Rückgriff der Staatskasse nach § 1836e BGB hinsichtlich der Kosten des Nachlassverwalters ist die Haftung der Erben beschränkt, sofern nicht ausnahmsweise nach § 2013 BGB unbeschränkte Haftung eingetreten ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1836, 1836a, 1967, 1975, 1987, 1990; BVormG § 1

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Beschluss vom 21.04.2005; Aktenzeichen 3 T 664/05 und 3 T 665/05)

AG Würzburg (Aktenzeichen VI 0831/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Nachlassverwalters wird der Beschluss des LG Würzburg vom 21.4.2005 aufgehoben.

II. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das LG Würzburg zurückverwiesen.

III. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des LG Würzburg vom 30.5.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Beteiligten zu 1) und 2) die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten bleibt.

IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird auf 1.035,32 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Erben des am 23.5.2003 verstorbenen Erblassers. Auf Antrag dieser Beteiligten ordnete das AG am 17.9.2003 Nachlassverwaltung an und bestellte einen Nachlassverwalter. Ein von diesem beantragtes Nachlassinsolvenzverfahren wurde mangels Masse nicht eröffnet.

Der Nachlassverwalter beantragte nach Beendigung der Nachlassverwaltung, seine Vergütung einschließlich Auslagen auf 3.053,66 EUR festzusetzen. Das AG setzte mit Beschl. v. 23.2.2005 die Vergütung samt Auslagen auf 1.035,32 EUR fest und wies den Antrag im Übrigen zurück, wobei es einen Vergütungsstundensatz von 31 EUR zugrunde legte. Ferner wurde der Rückgriff gegen die Beteiligten zu 1) und 2) wegen der auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche angeordnet.

Das LG wies am 21.4.2005 die sofortige Beschwerde des Nachlassverwalters, mit welcher dieser einen Netto-Vergütungsstundensatz von 102,26 EUR erreichen wollte, zurück. Ebenso wurde die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2, in der sie die Dürftigkeitseinrede erhoben, vom LG am 30.5.2005 zurückgewiesen.

Hiergegen richten sich die zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerden des Nachlassverwalters und der Beteiligten zu 1) und 2).

II. Die zulässige weitere Beschwerde des Nachlassverwalters ist begründet, die der Beteiligten zu 1) und 2) nur insoweit begründet, als eine Klarstellung aufzunehmen ist.

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidungen auf folgende Erwägungen gestützt:

a) Der Beschluss des AG, wonach die Vergütung als Zeithonorar festgesetzt und ein Vergütungsstundensatz von 31 EUR zugrunde gelegt worden sei, sei nicht zu beanstanden. Da das Nachlassinsolvenzverfahren mangels Masse eingestellt worden sei, sei die Mittellosigkeit des Nachlasses dargetan. Damit sei die Vergütung für den Nachlassverwalter nach § 1 BVormG zu bemessen, aus dem sich ein Stundensatz von 31 EUR ergebe.

b) Auch die Entscheidung über den Rückgriff sei zu Recht ergangen. Da es sich bei der auf die Staatskasse übergegangenen Forderung des Nachlassverwalters nicht um eine Erblasserschuld, sondern um eine Erbfallschuld handle, sei der Regress nicht ausnahmsweise zu verneinen.

2. Die Ausführungen des LG zur Beschwerde des Nachlassverwalters halten der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Nicht zu beanstanden ist zunächst die Auffassung des LG, dass die Vergütung des Nachlassverwalters in Anlehnung an §§ 1836, 1836a BGB zu bemessen ist, da die Nachlassverwaltung nach der Legaldefinition des § 1975 BGB eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger ist. Die Nachlasspflegschaft ist eine besondere Form der Personenpflegschaft, die nicht für den Erblasser, sondern "für denjenigen, welcher Erbe wird" (§ 1960 Abs. 2 BGB) angeordnet wird (BayObLGZ 1982, 284 [289]; BayObLGZ 2000, 26 [29] = FamRZ 2000, 1447; Staudinger/Marotzke, BGB, 13. Bearb., § 1960 Rz. 23). Als Unterart der Pflegschaft finden auf sie über § 1915 Abs. 1 BGB die Vorschriften über die Vormundschaft Anwendung (Staudinger/Marotzke, BGB, 13. Bearb., § 1960 Rz. 31), soweit sich nicht etwas anderes daraus ergibt, dass die Pflegschaft einen Nachlass betrifft sowie einen regelmäßig unbekannten Pflegling (Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 1960 Rz. 9). § 1987 BGB hat daneben keine völlig eigenständige Bedeutung (Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 1987 Rz. 2), sondern bestimmt nur, dass der Nachlassverwalter immer zu vergüten ist, wobei es auf seine berufsmäßige Tätigkeit nicht ankommt.

Daraus ergibt sich, dass der Nachla...

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