Leitsatz (amtlich)

Die Beurteilung, ob die Fällung eines Baumes eine bauliche Maßnahme ist, die einen Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, obliegt dem Tatrichter und ist vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen.

 

Normenkette

WEG § 22

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 14.12.2005; Aktenzeichen 7 T 4678/05)

AG Landsberg a. Lech (Aktenzeichen 1 UR II 4/05)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 14.12.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Wohnanlage befindet sich eine hohe Douglasie, die relativ nahe am Gebäude steht, wobei der Großteil der Baumkrone über das Dach hinausragt. In der Teilungserklärung ist bestimmt, dass die Gartenflächen mit Rasen und nach Erfordernis mit Baum- und Strauchgruppen bepflanzt werden.

Auf der Eigentümerversammlung vom 5.4.2005 beschlossen die Wohnungseigentümer, den vorgenannten Baum zu fällen.

Die Antragstellerin hat beim AG beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Beschluss vom 5.9.2005 den Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wurde vom LG am 14.12.2005 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die Beseitigung des Baumes stelle keine bauliche Veränderung dar, da durch den Baum das Gesamterscheinungsbild der Wohnanlage nicht nachhaltig verändert werde. Der Baum unterliege auch nicht einer Baumschutzverordnung. Allein ein Lichten und Zurückschneiden des Baumes im Dachbereich würde diesen in seinem Aussehen nachteilig verändern und die sich aus dem geringen Abstand zwischen Gebäude und dem Baum ergebenden Probleme nicht dauerhaft beseitigen.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Frage, ob eine bauliche Veränderung vorliegt, die eine über das in § 14 Nr. 1 WEG hinausgehende Beeinträchtigung darstellt, liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Der Senat kann deshalb als Rechtsbeschwerdegericht die Entscheidung des LG nur auf Rechtsfehler überprüfen (BayObLG WuM 2004, 733). Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor.

Das LG hat nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG verstoßen und sich auch in den Grenzen des § 15 FGG gehalten. Die Einnahme eines Augenscheins war nicht erforderlich. Das LG konnte seine Entscheidung auf ausführliches Bildmaterial stützen (BayObLG ZMR 2000, 52) Dass diese Bilder die tatsächliche Situation nicht richtig wiedergeben, ist nicht ersichtlich. Insbesondere wurden die Lichtbilder von der Antragstellerin selbst vorgelegt, so dass eine Manipulation durch technische Veränderungen zu Lasten der Antragstellerin von vornherein höchst fern liegend ist.

Das LG hat auch die maßgeblichen Gesichtspunkte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen.

Öffentlich-rechtliche Verbote bleiben von vornherein außer Betracht, da solche nicht bestehen. Insbesondere besteht in L. am L. keine Baumschutzverordnung. Die Baumschutzverordnung der Landeshauptstadt M. ist ohne Belang.

Ebenso ist es ohne Belang, ob die Wohnungseigentümer, die für den Beschluss gestimmt haben, das Wohnungseigentum vor oder nach der Antragstellerin erworben haben.

Auch aus der Teilungserklärung ergibt sich kein Recht der Antragstellerin auf Belassung des Baumes. Dort sind zwar Bepflanzungen vorgesehen, jedoch ist keine bestimmte Bepflanzung, insb. das Vorhandensein bestimmter Bäume in bestimmter Größe, geregelt. Die Entfernung eines Baumes, der aufgrund seines Wachstums an dem konkreten Standort stört, ist eine Maßnahme der Gartenpflege (AG Sinzig ZMR 2004, 829).

3. Es entspricht der Billigkeit, der in allen Instanzen unterlegenen Antragstellerin die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG). Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 S. 1 WEG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1501792

NWB 2006, 2411

ZMR 2006, 799

IWR 2006, 71

OLGR-Süd 2006, 501

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