Leitsatz (amtlich)

Zur Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten einer bedürftigen Partei im Verfahren auf Eintragung einer - verteilten - Zwangshypothek.

 

Normenkette

FamFG § 78 Abs. 2; ZPO § 121 Abs. 2, § 867

 

Verfahrensgang

AG Passau (Beschluss vom 25.08.2015)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG Passau - Grundbuchamt - vom 25.8.2015 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 10.9.2015 insoweit aufgehoben, als dieser die Anwaltsbeiordnung versagt.

II. Dem Beteiligten wird im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe für die Eintragung der Zwangshypothek gemäß Antrag vom 24.4.2014/27.5.2014 Rechtsanwalt xxx beigeordnet.

 

Gründe

I. Mit Schriftsätzen seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24.4.2015 und 27.5.2015 beantragte der Beteiligte - Gläubiger einer mit gerichtlichem Vergleich vom 25.7.2013 titulierten Forderung - beim Grundbuchamt die Eintragung einer verteilten Zwangshypothek in den Grundbesitz des Vollstreckungsschuldners. Zugleich ersuchte er um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung. Das Grundbuchamt nahm die Eintragung vor, versagte jedoch mit Beschluss vom 25.8.2015 mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beteiligten die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe. Der gegen die ablehnende Entscheidung gerichteten Beschwerde des Beteiligten half das Grundbuchamt am 10.9.2015 insoweit ab, als es Verfahrenskostenhilfe bewilligte, allerdings ohne Anwaltsbeiordnung. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich, denn die Sache weise keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf; der Antrag und die Verteilungserklärung bedürften nur einer formlosen Erklärung. Die Verteilung einer verzinslichen Hauptforderung auf zwei Flurstücke, die auf demselben Grundbuchblatt gebucht seien, stelle sich als einfache Angelegenheit dar.

Der Beteiligte hält an seinem Rechtsmittel fest und begründet es damit, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Zwangsvollstreckungsangelegenheiten, insbesondere solchen mit Grundbuchbezug, in der Rechtsprechung überwiegend für erforderlich angesehen werde.

II. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde statthaft (§ 76 Abs. 2 FamFG, § 567 Abs. 1 ZPO, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Über das Rechtsmittel zu entscheiden hat nach § 76 Abs. 2 FamFG, § 568 Satz 1 ZPO die Einzelrichterin des Senats.

Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben (§ 569 Abs. 2 Satz 1, § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO); der Streitwert der Hauptsache übersteigt den Betrag von 600 EUR (§ 511 Abs. 2 Nr. 1, § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).

Die danach zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur beantragten Beiordnung des vom Beteiligten ausgewählten und zur Vertretung bereiten Rechtsanwalts.

Zum Anspruch der bedürftigen Partei auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zur Rechtsdurchsetzung gehört auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts in den Fällen, in denen eine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist oder erforderlich erscheint, vgl. § 121 Abs. 1 und 2 ZPO, § 78 Abs. 1 und 2 FamFG (Zempel/Völker in Prütting/Gehrlein ZPO 7. Aufl. § 121 Rn. 2). Für den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 ZPO) ist eine Anwaltsbeiordnung zwar nicht vorgeschrieben (vgl. § 10 Abs. 1 FamFG; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 867 Rn. 2). Sie war hier aber zur sachgerechten Rechtsdurchsetzung erforderlich und ist, da der Anwalt auch tatsächlich im Verfahren tätig geworden ist, trotz zwischenzeitlicher Verfahrensbeendigung nachträglich vorzunehmen (Zempe/Völker in Prütting/Gehrlein § 121 Rn. 6).

Maßgeblich für die Beurteilung der Erforderlichkeit sind die konkreten Umstände des Einzelfalls (BGH FamRZ 2010, 288). Ob eine Beiordnung erforderlich ist, hängt sowohl von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie als auch von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen des Rechtsuchenden ab (BGH a.a.O.; Senat vom 13.9.2013, 34 Wx 358/13 = NJW-RR 2014, 84; OLG Hamm, Rpfleger 2012, 23; KG Rpfleger 2012, 552; Zempe/Völker in Prütting/Gehrlein § 121 Rn. 4 f. sowie 17; Zöller/Geimer § 121 Rn. 7; Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 121 Rn. 11; Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. § 121 Rn. 8).

Im Verfahren auf Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 Abs. 1 ZPO), zumal auf mehreren Flurstücken, kommt bei bewilligter Verfahrenskostenhilfe schon deshalb regelmäßig auch die Anwaltsbeiordnung in Betracht, weil es sich um keine einfache Rechtsmaterie handelt. Die Eintragung einer Zwangshypothek erfordert als Maßnahme der Zwangsvollstreckung, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und nachgewiesen sind. Daneben stellt die Eintragung verfahrensrechtlich ein Grundbuchgeschäft dar, weshalb die besonderen Verfahrensgrundsätze der Grundbuchordnung einzuhalten sind (Zöller/Stöber § 867 Rn. 1 m.w.N.; Demharter GBO 29. Aufl. Anh. zu § 44 Rn. 69). Schon das Zusammenwirken der grundbuchrechtlichen und zivilprozessualen Vorschriften ist für einen juristischen Laien nicht ohne weiteres, erst recht nicht in angemessene...

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