Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 9 O 45/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21.12.2017 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 45/17 - aufgehoben und die (geänderte) Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(abgekürzt gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

Die Berufung des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage auch insoweit, als es um die vom Kläger im Berufungsrechtszug beantragte Feststellung der Erledigung der Hauptsache geht.

Die mangels Zustimmung des Beklagten einseitig gebliebene Erledigungserklärung des Klägers hat zu einer Veränderung des Streitgegenstands geführt. Sie enthält den Antrag, anstelle des bisherigen Zahlungsantrags in Höhe von 55.000 Euro die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Der neue Klageantrag ist zulässig (§§ 264 Nr. 3, 525 ZPO), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Wenn - wie hier - der Kläger die Klage für erledigt erklärt hat, ist zu prüfen, ob die Klage bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und ob sie durch dieses Ereignis erledigt ist, also unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind die Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (BGH, Urteil vom 11.12.2015 - V ZR 26/15, MDR 2016, 482-483, zitiert nach juris, Rn. 34).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die von dem Kläger beantragte Feststellung der Erledigung nicht ausgesprochen werden. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass die auf §§ 171 Abs. 1 und 2, 172 Abs. 4 HGB gestützte Klage auf Zahlung von 55.000 Euro bei Eintritt Rechtshängigkeit am 06.03.2017 begründet war oder in der Folge begründet geworden ist.

a) Der Anspruch aus §§ 171 Abs. 1 und 2, 172 Abs. 4 HGB besteht nicht, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2011 - II ZR 37/10, zitiert nach juris, Rn. 9). Nach dem beiderseitigen Parteivortrag muss der Senat davon ausgehen, dass diese Voraussetzungen ab Eintritt der Rechtshängigkeit durchgängig vorlagen. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen von zunächst rund 0,68 Mio. Euro und später weiteren rund 1,7 Mio. Euro übersteigen die Summe aller Ausschüttungen nicht. Dass die Insolvenzmasse bei Eintritt der Rechtshängigkeit am 06.03.2017 den Betrag von rund 2,38 Mio. unterschritt, hat der Kläger zwar pauschal behauptet, aber nicht hinreichend dargetan. Den zur Akte gereichten Auszügen zweier Konten (Anlagen K2 und K4) sind nur Habensalden von 1.615.300,42 Euro per 03.02.2017 und von weiteren 493.930,42 US Dollar per 05.11.2015 zu entnehmen. Über den maßgeblichen Kontenstand per 06.03.2017 gibt der Sachvortrag des Klägers keinen Aufschluss. Das geht zu seinen Lasten. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Inanspruchnahme zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung nicht (mehr) erforderlich ist, trägt zwar der Kommanditist. Den Insolvenzverwalter trifft aber eine sekundäre Darlegungslast für die insoweit maßgeblichen Verhältnisse der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 20.02.2018 - II ZR 272/16, NZG 2018, 497, 498). Dieser hat der Kläger nicht genügt.

b) Die durch den nach Insolvenzeröffnung erfolgten Verkauf des Containerschiffs ausgelöste Gewerbesteuerschuld in Höhe von 1.064.677,10 Euro, die auf der veräußerungsbedingen Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG beruht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese ist als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschluss vom 27.10.2016 - IV B 119/15, zitiert nach juris), auf die sich die Haftung der Kommanditisten nach §§ 171 Abs. 1 und 2, 172 Abs. 4 HGB nicht erstreckt (vgl. Strohn in: Ebenroth u.a., HGB, 3. Auflage, § 171 Rn. 94). Da der Kläger Angaben lediglich zum Bestand der Masse, nicht aber zur Herkunft der darin eingeflossenen Mittel gemacht hat, kann nicht ausgeschlossen, dass die Sondermasse, die der Kläger bezüglich der realisierten Ansprüche nach §§ 171 Abs. 1 und 2, 172 Abs. 4 HGB zu bilden gehabt hätte (vgl. dazu Strohn: in Ebenroth u.a., a.a.O., Rn. 95), bereits bei Eintritt der Rechtshängigkeit am 06.03.2017 die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erlaubte. Mit Rücksicht auf die für die Erledigung maßgebende Zeit ab dem 06.03.2017 reicht es nicht aus, Kontoauszüge vom 03.02.2017 bzw. vom 05.11.2015 vorzulegen und hierauf gestützt einen bestimmtem Stand der Masse ohne Differenzierung der Mittel für den späteren Zeitpunkt der Rechtshängigkeit zu behaupten. Auch hätte es dem Kläger oblegen, die nachfolgende Entwicklung der (Sonder-)Masse sowie die einzelnen...

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