Verfahrensgang

LG Aachen (Entscheidung vom 03.08.2010; Aktenzeichen 9 O 379/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 03.08.2010 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 379/09 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 5.697,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 13 % und die Beklagte zu 87 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin erweist sich in dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang als begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte nach den §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG, 249, 398, 535 Abs. 2 BGB ein über die ihr bereits durch das angefochtene Urteil zuerkannten 2.813,94 € hinausgehender Anspruch auf Zahlung von 5.697,89 € zu.

1.

Die Klägerin beanstandet mit ihrer Berufung zu Recht, dass das Landgericht seiner Entscheidung den “Schwacke Mietpreisspiegel 2003„ zugrunde gelegt hat.

Soweit die Beklagte einwendet, der “Schwacke-Mietpreisspiegel„ stelle generell keine repräsentative und zuverlässige Übersicht über die tatsächlich am Markt zu zahlenden Mietwagenkosten dar, und in diesem Zusammenhang auf den “Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008„ des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation„ verweist, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass der gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich zu ersetzende Normaltarif gemäß § 287 ZPO vom Tatrichter auf der Grundlage geeigneter Tabellen und Listen geschätzt werden kann. Zur Ermittlung des “Normaltarifs„ auf der Grundlage des gewichteten Mittels des “Schwacke-Mietpreisspiegels„ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten hat der Bundesgerichtshof im Anschluss an vorangegangene Entscheidungen ausgeführt, dass der Tatrichter hieran in Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO nicht gehindert sei, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlagen aufgezeigt würden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirkten (BGH, Urteile vom 14.10.2008 - VI ZR 210/07 und VI ZR 308/07 -, zitiert nach Juris). An dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof auch in seinen jüngsten Entscheidungen zum “Unfallersatztarif„ festgehalten (BGH, Urteil vom 19.01.2010 - VI ZR 112/09 -; BGH, Urteil vom 02.02.2010 - VI ZR 7/09 -; BGH, Urteil vom 18.05.2010 - VI ZR 293/08 -).

Die Beklagte hat im Streitfall keine konkreten Tatsachen aufgezeigt, woraus hergeleitet werden könnte, dass sich geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Die Beklagte hat zwar aufgezeigt, dass die Durchschnittspreise der Tarife des Fraunhofer Instituts unter den sich aus dem “Schwacke-Mietpreisspiegel„ ergebenden Normaltarifen liegen. Die daraus von der Beklagten abgeleitete Schlussfolgerung, die Liste des Fraunhofer Instituts sei dem “Schwacke-Mietpreisspiegel„ überlegen, hat der Senat - und mit ihm die o.g. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes - nicht gezogen. Denn auch die Liste des Fraunhofer Instituts enthält zahlreiche Unwägbarkeiten. So ist beispielsweise Grundlage der Fraunhofer-Liste die Erhebung von Daten über Telefon und Internet, werden

die Preise auf der Grundlage einer einwöchigen Vorbuchungsfrist ermittelt, ist die Recherche - nur - auf eine zweistellige Zuordnung von Postleitzahlen bezogen und beruht die Datenbasis ganz überwiegend auf den Internetangeboten von - nur - sechs bundesweit tätigen Vermietungsunternehmen.

Der hervorgehobenen Anonymität der Fraunhofer-Anfragen steht danach als entscheidender Nachteil die begrenzte Datenerfassung und -auswertung gegenüber. Der Senat sieht daher keinen Anlass, von seiner Auffassung abzurücken, den “Normaltarif„ im Einklang mit der Rechtsprechung der überwiegenden Anzahl der Senate des Oberlandesgerichts Köln auf der Grundlage des gewichteten Mittels des “Schwacke-Mietpreisspiegels„ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zu ermitteln (Urteil des Senats vom 02.03.2007 - 19 U 181/06 -; OLG Köln, Urteil vom 11.01.2011 - 9 U 98/10 -; OLG Köln, Urteil vom 01.02.1011 - 14 U 10/10 -; OLG Köln, Beschluss vom 07.12.2010 -18 U 121/10 -).

Diese Schätzgrundlage nach dem “Schwacke-Mietpreisspiegel„ kann auch nicht mit dem Hinweis der Beklagten auf Vergleichsangebote anderer Autovermieter in Zweifel gezogen werden. Es handelt sich bei den von der Beklagten vorgelegten Angeboten ausnahmslos um Internet-Angebote, die völlig losgelöst von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles bestimmte Tarife ausweisen. Aus diesen Internetangeboten lässt sich schon nicht entnehmen, wie hoch ggf. die Selbstbeteiligung ist, ob Vorbuchungsfristen einzuhalten sind, ob die Allgemeinen Geschäftsbeding...

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