Verfahrensgang

AG Wipperfürth (Entscheidung vom 29.10.2001; Aktenzeichen 10 F 239/01)

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache selbst nur zu einem Teil Erfolg und ist im übrigen unbegründet.

1. Die Klage ist nach wie vor zulässig.

Mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 19. Februar 2002 - 38 XVII H 1136 - ist Rechtsanwalt J. in B. zum Betreuer für den Kläger mit dem Aufgabenkreis u.a. "Vertretung in Vermögensangelegenheiten einschließlich Renten- und Unterhaltsforderungen" bestellt und es ist angeordnet worden, dass der Betreuer den Betroffenen im Rahmen seines Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Der zum Termin zur mündlichen Berufungsverhandlung erschienene Betreuer des Klägers hat die bisherige Prozessführung des Klägers gebilligt und den Rechtsstreit bei unverändertem zweitinstanzlichen Klageziel in Vertretung des Klägers fortgeführt (§ 53 ZPO).

2. a) Was den sachlichen Erfolg der Klage anbelangt, so bleibt es auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten zur Rechtfertigung seiner Berufung für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 2000 bis zum 30. Juni 2001 einschließlich bei der Entscheidung des Familiengerichts, durch die dem Kläger zu Recht ein monatlicher Kindesunterhalt von 316,40 DM (= 161,77 EURO) gemäß §§ 1601 ff. BGB zuerkannt worden ist.

Der unverheiratete volljährige, im Haushalt seiner Mutter lebende Kläger befand sich während des vorgenannten Zeitraums noch in allgemeiner Schulausbildung im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. Mai 2001 - XII ZR 108/99 - (veröffentlicht z.B. in FamRZ 2001, 1068 ff.) ausgeführt, dass es im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung sachgerecht erscheint, den Begriff der allgemeinen Schulausbildung des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB unter Heranziehung der zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen. Danach ist dieser Begriff in drei Richtungen einzugrenzen, nämlich nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und der Organisationsstruktur der Schule.

Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachschule sein. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Gesamtschule, der Realschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt. Auf die Rechtsform der Schule kommt es dagegen nicht an. Einer Schulausbildung steht es daher gleich, wenn ein Kind, ohne einen Beruf auszuüben, allgemeinbildenden Schulunterricht in Form von Privat- und Abendkursen erhält, der diesem Ziel dient, eine staatlich anerkannte allgemeine Schulabschlussprüfung abzulegen.

Die von dem Kläger von August 2000 bis Juni 2001 absolvierte Schulausbildung an dem L.-E.-Berufskolleg in B. erfüllt diese von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für das Tatbestandsmerkmal der "allgemeinen Schulausbildung" aufgestellten Anforderungen. Unstreitig besuchte der Kläger dort die "Handelsschule", und zwar nach dem Inhalt des ihm erteilten Abschlusszeugnisses vom 4. Juli 2001 das "Berufsgrundschuljahr Wirtschaft und Verwaltung für Schüler mit Fachoberschulreife". Er tat dies mit dem erklärten Ziel, die Fachoberschulreife mit Qualifikation zu erreichen, um anschließend die höhere Handelsschule (zweijährige höhere Berufsfachschule/FHR) - diese wiederum führt zur Erlangung der Fachhochschulreife - zu besuchen.

Mit dem Berufskolleggesetz wurden die berufsbildenden Schulen und Kollegschulen in Nordrhein-Westfalen zum 1. August 1998 zu Berufskollegs zusammengeführt. Das Berufskolleg will mit seinen gegliederten Bildungswegen, seinen differenzierten Bildungsangeboten sowie der Verbindung von beruflicher und allgemeiner Bildung eine Qualitätssteigerung der beruflichen Ausbildung erreichen, mehr Transparenz im beruflichen Bildungsangebot bieten und eine Alternative zur traditionellen gymnasialen Oberstufe darstellen. Es umfasst die Bildungsgänge der Berufsschule, der Berufsfachschule, der Fachoberschule und der Fachschule. Im Berufsgrundschuljahr werden allgemeine wie auch eine auf eines der verschiedenen Berufsfelder bezogene berufliche Grundbildung vermittelt und den Jugendlichen Orientierungshilfen für die endgültige Berufsentscheidung gegeben. Mit dem Besuch des Berufsgrundschuljahres kann zudem der Erwerb weiterer - staatlich anerkannter - Berechtigungen verbunden sein (vgl. zu allem Vorstehendem: NRW-Lexikon - Berufs(aus)bildung, www.nrw.de). Eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung wird beim Besuch des Berufsgrundschuljahres danach also gerade noch nicht vermittelt. Auch war der Besuch des Berufsgrundschuljahres für den Kläger Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme in die höhere Hande...

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