Leitsatz (amtlich)

Eine Allgemeine Geschäftsbedingung, mit der die Nutzung von SIM-Karten oder eSIM-Profilen in Routern für Mobilfunktarife mit pauschal abgegoltenem Datenvolumen ohne Bandbreitenbeschränkung untersagt wird, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 TSM-VO und § 41b Abs. 1 TKG a. F. bzw. §73 Abs. 3 TKG n.F.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1; TKG a.F. § 41b Abs. 1; TKG § 73 Abs. 3; TSM-VO Art. 3 Abs. 1; UKlaG §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 26 O 252/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 02.06.2021 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 26 O 252/20 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der Länder und weiterer verbraucherpolitischer Verbände in Deutschland. Die Beklagte bietet Mobil- und Festnetzkommunikationsdienste an.

In ihrer "Leistungsbeschreibung Mobilfunk" mit Stand vom 25.11.2019 bestimmt die Beklagte unter Ziffer 2 unter anderem:

SIM-Karte / eSIM

Die U. überlässt dem Kunden je nach Vereinbarung eine SIM-Karte oder ein eSIM-Profil. Die voraussichtliche Dauer bis zur Freischaltung der überlassenen SIM-Karte oder des eSIM Profils (Leistungsbereitstellung) beträgt bis zu 24 Stunden. Die SIM-Karte bzw. das eSIM-Profil wird dem Kunden ausschließlich zum Zwecke der Sprachübermittlung und Datenübertragung, zur Nutzung ausschließlich für Verbindungen über die Vermittlungs- und Übertragungssysteme der von der U. angebotenen Mobilfunknetze und zur Nutzung ausschließlich im Zusammenhang mit Mobilfunk-Endgeräten in dem vertraglich vereinbarten Rahmen überlassen. Soweit nicht ausdrücklich vereinbart, ist in Tarifen mit pauschal abgegoltenem Datenvolumen ohne Bandbreitenbeschränkung die Nutzung der SIM-Karte / des eSIM-Profils in Routern nicht zulässig.

Mit Schreiben vom 04.02.2020 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos dazu auf, die Verwendung dieser Klausel zu unterlassen. Hierfür sind Kosten in Höhe von214 EUR entstanden.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Klausel verstoße gegen die in Art. 3 Abs. 1 TSM-VO normierte Endgerätefreiheit, weil hiermit die Nutzung des Internetzugangs für einzelne Endgeräte wie Router unmittelbar und hinsichtlich mobiler Endgeräte, die über einen Router mit dem Internet verbunden sind, mittelbar eingeschränkt werde. Es liege auch ein Verstoß gegen § 41b Abs. 1 TKG vor.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

in Bezug auf Telekommunikationsverträge mit Verbrauchern die folgende oder eine inhaltsgleiche Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsverbindungen zu verwenden:

"Soweit nicht ausdrücklich vereinbart, ist in Tarifen mit pauschal abgegoltenem Datenvolumen ohne Bandbreitenbeschränkung die Nutzung der SIM-Karte / des eSIM-Profils in Routern nicht zulässig."

2. an den Kläger 214,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klausel verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 TSM-VO. Bei der Nutzung von mobilen Endgeräten, die über einen SIM-Karten-Steckplatz oder eine eSIM verfügen, handele es sich um die vertraglich geschuldete Leistung. Ein stationärer Router unterscheide sich grundlegend von einem (Mobilfunk-) Endgerät, weil er dazu bestimmt sei, Datenpakete zwischen Rechnernetzen auszutauschen. Der Einsatz einer SIM-Karte der Beklagten in einem Router (sog. LTE-Router) liefe dem Vertragszweck zuwider. Die TSM-VO bezwecke lediglich, dem Verbraucher die Nutzung von Endgeräten seiner Wahl zu ermöglichen, nicht aber jedwede denkbare Nutzung einer SIM-Karte oder eines eSIM-Profils.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Klausel verstoße gegen die Endgerätefreiheit und stelle zudem eine Beschränkung des Datenverkehrs dar. Das Landgericht hat sich insbesondere der Stellungnahme der an dem Rechtsstreit gemäß § 139 TKG beteiligten Bundesnetzagentur vom 14.01.2021 angeschlossen. Hiernach sei darauf abzustellen, dass Art. 3 Abs. 1 TSM-VO nicht zwischen mobilen und stationären Endgeräten unterscheide. Aus Erwägungsgrund 5 der TSM-VO sei ersichtlich, dass Internetzugangsanbieter keine Beschränkungen auf die Nutzung von Endgeräten anwenden sollten. Ferner könne sich der Kläger auch auf § 41b Abs. 1 TKG stützen, wonach Netzbetreiber den Anschluss von bestimmten Geräten nicht ausschließen dürften. Daher sei lediglich eine Anwendungs- und endgeräteneutrale Klausel zulässig.

Gegen die Verurteilung wehrt sich die Beklagte mit der Berufung unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie...

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