Leitsatz (amtlich)

Geben die Eltern einer fünfköpfigen Familie bei der Eigenbedarfskündigung einer von drei kleinen Wohnungen in einem Haus als Grund an, dass sie alle drei Wohnungen in diesem Haus für ihre Familie benötigen und legen sie dabei im Kündigungsschreiben gleichzeitig dar, wie sie die drei Wohnungen auf die Eltern und die Kinder im einzelnen aufteilen wollen, so entfällt der geltend gemachte Eigenbedarf nicht dadurch, dass die Eltern und die Kinder später zwar weiterhin alle Wohnungen im Haus für die Familie nutzen, die Wohnungen aber anders untereinander aufteilen wollen.

 

Normenkette

BGB § 573 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 208 C 97/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 28.6.2002 verkündete Urteil des AG Köln – 208 C 97/02 – abgeändert und werden die Beklagten verurteilt, die von ihnen im Haus St. B-Straße in L. auf der 2. Etage bewohnte Wohnung nebst Kellerraum zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.9.2003 gewährt.

Die Kosten des Rechtsstreits – soweit über sie nicht bereits durch Beschluss des LG Köln vom 11.9.2002 (1 S 116/02) entschieden ist – tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 4.000 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die heute 79 und 74 Jahre alten Beklagten sind seit Februar 1959 Mieter einer 40 qm großen Wohnung in der 2. Etage des Hauses St. B-Strasse in L. Ende 2000 kauften die Kläger als Gesellschaft bürgerlichen Rechts das Haus; am 27.11.2001 wurden sie als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Das Haus hat insgesamt vier Geschosse. Im Erdgeschoss befindet sich ein Ladenlokal, in den drei oberen Etagen jeweils eine Wohnung mit einer Größe von etwa 40 qm. Die Kläger beabsichtigen, das Haus umzubauen und in dem Ladenlokal im Erdgeschoss eine Eisdiele zu betreiben.

Die Mieter der Wohnungen in der ersten und dritten Etage sind nach Eigenbedarfskündigungen der Kläger Ende 2001 ausgezogen. Mit Schreiben vom 16.1.2001 kündigten die Kläger auch das Mietverhältnis mit den Beklagten wegen Eigenbedarfs zum 31.1.2002 und widersprachen zugleich einer Verlängerung des Mietverhältnisses über den 31.1.2002 hinaus. Zur Begründung des Eigenbedarfs heißt es in dem Schreiben:

„Wir, die Familie N., wollen mit unserer 5-köpfigen Familie das Haus St. B-Strasse selbst beziehen. Zwei unserer Kinder wollen dabei die beiden anderen Wohnungen beziehen, während wir (Familie N.) Ihre Wohnung beziehen wollen …. Zu uns ziehen soll auch der inzwischen verwitwete Vater von Frau N., der versorgt werden muss. Das ganze Haus soll dann von Familie N. bewohnt werden.”

Mit Schreiben des Mietvereins vom 9.11.2001 (Bl. 37 GA) widersprachen die Beklagten der Kündigung.

Die Kläger haben behauptet, sie planten das Haus um einen Anbau im Hof bis zur Höhe des 3. Obergeschosses zu erweitern. In der ersten Etage des Anbaus sei eine Küche für die Eisdiele geplant, in der zweiten Etage ein zusätzliches Schlafzimmer. Die Wohnung im 2. Obergeschoss sei ursprünglich für sie und den Vater der Klägerin zu 2) bestimmt gewesen. Im Rahmen der Umbauplanungen habe sich herausgestellt, dass die Wohnung hierfür auch nach der geplanten Erweiterung zu klein sei. Daher sei nunmehr vorgesehen, dass die Eltern in die Wohnung im 3. Obergeschoss und der Vater der Klägerin zu 2) in die Wohnräume ins Dachgeschoss ziehen solle. Die Wohnung der Beklagten solle von den beiden Söhnen B. und Q. N., die Wohnung im Erdgeschoss – entspr. der ursprünglichen Planung – von der Tochter bezogen werden.

Die Beklagten haben den geltend gemachten Eigenbedarf bestritten und behauptet, dass die Kläger auch die Wohnungen gewerblich nutzen wollten. Ferner haben sie geltend gemacht, dass ihnen ein Umzug aus Alters- und Gesundheitsgründen nicht zumutbar sei.

Das AG hat die auf Räumung gerichtete Klage durch das angefochtene Urteil mit der Begründung abgewiesen, dass weder ein Aufhebungsvertrag zustande gekommen sei noch eine wirksame Kündigung wegen Eigenbedarfs vorliege. Die Kündigung vom 16.1.2001 sei unwirksam, weil der dort geltend gemachte Eigenbedarf für die Kläger zu 1) und 2) und den Vater der Klägerin zu 2) nicht mehr bestehe und der jetzt geltend gemachte Eigenbedarf im Kündigungsschreiben nicht angegeben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses ihnen am 16.7.2002 zugestellte Urteil haben die Kläger am 16.8.2002 Berufung eingelegt und diese am 16.9.2002 begründet.

Die Kläger wiederholen ihr Vorbringen erster Instanz und verweisen insb. darauf, dass von vornherein der Einzug der gesamten Familie geplant gewesen sei. Nachträglich habe sich lediglich die Notwendigkeit eines Tausches der Wohnungen ergeben. Sie sind ferner der Ansicht, dass es sich hierbei um einen nachträglich entstandenen Eigenbedarfsgrund handle, der nach § 564b Abs. 3 BGB a.F. zu berücksichtigen sei.

Die Kläg...

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