Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an einen ordnungsgemäßen PKH-Antrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zu den erforderlichen Unterlagen eines ordnungsgemäßen Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gehören in der Regel die Vorlage des vollständig ausgefüllten Vordrucks nach § 117 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO sowie der entsprechenden Belege gem. § 117 Abs. 2 ZPO. Die Vorlage kann aber ausnahmeweise entbehrlich sein. Zu berücksichtigen ist, daß die Vorlage des Formulars nach § 117 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO nur der Entlastung des Gerichts dient, jedoch keine prozessuale oder materielle Entscheidungsvoraussetzung ist. Das Gericht darf deshalb nicht allzu formalistisch verfahren (BGH EzFamR, ZPO § 117 Nr. 3 m. Anm. Schneider; so zitiert in OLG Karlsruhe v. 7.12.1995 – 2 WF 145/95, FamRZ 1996, 805).

2. Ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ansonsten entscheidungsreif und kann für das erkennende Gericht nicht zweifelhaft sein, dass „Prozessarmut” vorliegt, weil zu diesem Zeitpunkt dem Antragsteller in einem weiteren Verfahren zeitnah vom selben Familienrichter Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, bedarf es der Vorlage daher nicht. Es kann dem Antragsteller nicht angelastet werden, wenn in diesem Fall das FamG nicht auch über den gestellten und entscheidungsreifen PKH-Antrag sofort entschieden hat, sondern erst auf Erinnerung des Antragsgegners zu einem Zeitpunkt tätig wird, als sich das Verfahren bereits erledigt hatte.

 

Normenkette

ZPO § 117 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

AG Eschweiler (Beschluss vom 07.02.2006; Aktenzeichen 12 F 191/04)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigernde Beschluss des AG - FamG - Eschweiler vom 7.2.2006 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers an das FamG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige - insb. fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde des Antragstellers hat auch in der Sache zumindest vorübergehend Erfolg. Zu Unrecht geht das FamG davon aus, dass der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Bewilligungsgesuches des Antragstellers bezüglich der nachgesuchten Prozesskostenhilfe erst am 18.11.2004 gegeben war. Vom Ansatz zutreffend stellt das FamG darauf ab, dass Entscheidungsreife bezüglich eines Prozesskostenhilfeantrages erst eintritt, wenn der Prozesskostenhilfeantrag schriftlich begründet, mit vollständigen Unterlagen und Belegen versehen und die Frist zur Stellungnahme für den Gegner abgelaufen ist (so OLG Karlsruhe v. 7.12.1995 - 2 WF 145/95, FamRZ 1996, 805).

Das FamG überspannt jedoch die Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeantrag, wenn es darauf abstellt, dass Entscheidungsreife erst am 18.11.2004 mit Eingang des Schriftsatzes des Antragstellers vom gleichen Tage auf Grund seiner Bezugnahme auf die in einer anderen Familiensache vor dem AG Eschweiler zu Aktenzeichen 12 F 153/04 eingereichten PKH-Unterlagen eingetreten sei. Zwar ist dem FamG zuzugestehen, dass der Zeitpunkt der Entscheidungsreife regelmäßig dadurch bestimmt ist, dass die Partei die für die Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen vorgelegt sowie den Antrag schriftlich begründet hat und dem Gegner angemessene Gelegenheit zur Stellungnahme gem. § 118 Abs. 1 ZPO - regelmäßig ca. 2 Wochen - eingeräumt worden ist. Nicht zweifelhaft sein kann, dass lange vor dem 18.11.2004 ein schriftlich begründeter Antrag vorgelegen hat.

Allerdings gehören zu den erforderlichen Unterlagen in der Regel auch die Vorlage des vollständig ausgefüllte Vordruck nach § 117 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO sowie der entsprechenden Belege gem. § 117 Abs. 2 ZPO. Diese sind in hiesigem Verfahren nicht vorgelegt worden. Die Vorlage war aber ausnahmsweise entbehrlich. Zu berücksichtigen ist, dass die Vorlage des Formulars nach § 117 Abs. 3, 4 ZPO nur der Entlastung des Gerichts dient, jedoch keine prozessuale oder materielle Entscheidungsvoraussetzung ist. Das Gericht darf deshalb nicht allzu formalistisch verfahren (BGH EzFamR, ZPO § 117 Nr. 3 mit Anm. Schneider; so zitiert in OLG Karlsruhe v. 7.12.1995 - 2 WF 145/95, FamRZ 1996, 805). So kann es unschädlich sein, wenn z.B. die "Erklärung" auf dem Vordruck nicht unterschrieben ist, sofern feststeht, dass die Erklärung von der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei stammt. Ausreichend kann auch sein, dass die Partei ihre "Prozessarmut" in anderer Weise genügend glaubhaft gemacht hat. Insofern kann es ausreichen, wenn aus "Erklärungen" in anderen Verfahren, die dem entscheidenden Gericht bekannt sind, sich die "Prozessarmut" ergibt.

Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass jedenfalls am 30.6.2004 für das erkennende Gericht die "Prozessarmut" feststehen musste. Denn zu diesem Zeitpunkt wurde dem Antragsteller in dem Unterhaltsverfahren 12 F 153/04 AG Eschweiler vom selben Familienrichter Prozesskostenhilfe bewilligt. Gegenstand der Erörterung in jenem Verfahren war jedenfalls auch die Frage der...

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