Entscheidungsstichwort (Thema)

Entlastung des Verwalters

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Frage, ob die Eigentümergemeinschaft Regressansprüche gegen den Verwalter kannte, als sie ihm vorbehaltlos die Entlastung erteilte, muss die Eigentümergemeinschaft sich die Kenntnis eines Verwaltungsbeiratsmitgliedes zurechnen lassen.

 

Normenkette

WEG § 28

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 29 T 227/00)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 12.3.2001 – 29 T 227/00 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 26.274,57 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist seit 1987 Verwalterin der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Sie hatte es im Verwaltervertrag auch übernommen, erforderliche Hilfskräfte, (Hausmeister, Reinigungsfrauen etc.) einzustellen und zu entlassen, ihre Tätigkeit zu bestimmen und zu überwachen. Zu diesen Hilfskräften gehörte auch der Miteigentümer H., der aufgrund eines mit einer früheren Verwalterin im Jahre 1983 geschlossenen Arbeitsvertrages im Rahmen einer „nebenberuflichen” Halbtagstätigkeit gegen eine Vergütung von – zuletzt im Jahre 1999 – ca. 2.700 DM als Hausmeister tätig war und der zugleich Mitglied des Verwaltungsbeirats der Gemeinschaft ist. Sozialversicherungsbeiträge für ihn wurden von Anfang an weder von der früheren Verwalterin, noch von der Antragsgegnerin, die ihrerseits den Streitverkündeten, einen Steuerberater, mit der Lohnabrechnung beauftragt hatte, entrichtet, da er bei Abschluss des Arbeitsvertrages und auch später als Student an der Universität immatrikuliert war.

Im Jahre 1999 forderte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nach einer Betriebsprüfung mit der Begründung, dass lediglich für ordentlich Studierende, deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werde, Versicherungsfreiheit bestehe und die bloße Immatrikulation hierfür nicht ausreiche, nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge für die Kalenderjahre 1994 bis 1999 von 56.194,42 DM nach. Der Miteigentümer H., dessen Ehefrau berufstätig ist und der vier Kinder zu betreuen hat, war zu diesem Zeitpunkt im 47. Semester für Evangelische Theologie, im 45. Semester für Geographie, im 43. Semester für Soziologie und im 40. Semester für Psychologie eingeschrieben.

Die Gemeinschaft zahlte den gegen sie festgesetzten Betrag und begehrt von der Antragsgegnerin als Schadensersatz Erstattung des Arbeitnehmeranteils von 28.097,21 DM, nachdem deren Vermögensschadenshaftpflichtversicherung einen Ausgleich abgelehnt hatte. Das AG hat dem Antrag stattgegeben. Auf die hiergegen von der Antragsgegnerin eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG sie nur zur Zahlung des auf das Jahr 1999 entfallenden Betrags von 1.822,64 DM verpflichtet und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen, weil der Antragsgegnerin für die Jahre zuvor Entlastung erteilt worden sei. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Entscheidung des LG ist aus Rechtsgründen, die allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können (§§ 27, 550 ZPO), nicht zu beanstanden.

Den Antragstellern ist ein Schaden dadurch entstanden, dass die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht einbehalten worden sind und – unbeschadet einer etwaigen für das vorliegende Verfahren nicht interessierenden Haftung als Beiratsmitglied – arbeitsrechtlich nicht von Herrn H. zurückgefordert werden können (vgl. hierzu BAG NJW 1978, 1766; Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 611 Rz. 67). Diesen Schaden können sie für die Jahre 1994 bis 1998, über die im Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch zu entscheiden ist, nicht von der Antragsgegnerin ersetzt verlangen.

Das LG hat ausgeführt, die mit den Entlastungen für die Jahre 1994 bis 1998 abgegebenen negativen Schuldanerkenntnisse ständen einer Inanspruchnahme der Antragsgegnerin entgegen, weil die Entlastung einen Verzicht auf solche Ersatzansprüche bedeuteten, die für die Wohnungseigentümer bei sorgfältiger Prüfung aller ihnen unterbreiteten Vorlagen und Berichte erkennbar gewesen seien. Dabei müsse sich die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen des Verwaltungsbeirats, der gem. § 29 Abs. 3 die Jahresabrechnung überprüft habe oder auch nur eines Mitglieds des Verwaltungsbeirats, der an der Rechnungsprüfung teilgenommen habe, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Jedenfalls das Verwaltungsbeiratsmitglied H. habe aber alle Umstände gekannt, die wegen des fehlenden ernstlichen Betreibens eines Studiums seine Sozialversicherungspflicht für seine Hausmeistertätigkeit begründeten.

All dies trifft sowohl wegen der rechtlichen Ansatzpunkte wie auch wegen der Übertragung auf ...

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