Entscheidungsstichwort (Thema)

Akteneinsicht - Überlassung der Akten zur Mitnahme in die Kanzlei

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung über die Art der Akteneinsicht, also darüber, ob die Einsicht auf die Durchsicht der Akten in den Räumen des mit der Sache befassten oder eines auswärtigen Gerichts beschränkt wird oder die Akten einem Rechtsanwalt zur Einsicht in den Räumen seiner Kanzlei überlassen oder übersandt werden, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Auch der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs begründet regelmäßig kein Recht auf eine bestimmte Art der Akteneinsicht.

2. In Nachlasssachen ist die den Beteiligten und ihren Bevollmächtigten zustehende Akteneinsicht grundsätzlich auf die Durchsicht der Akten im Gerichtsgebäude beschränkt.

 

Normenkette

FGG § 34 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 30.05.2007; Aktenzeichen 4 T 232/07)

AG Bonn (Aktenzeichen 39 VI 350/98 EA)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 29.6.2007 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Bonn vom 30.5.2007 - 4 T 232/07 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Das AG hat der Beschwerdeführerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten die von ihnen nachgesuchte Akteneinsicht nicht versagt. Vielmehr können sie zum einen auf der Geschäftsstelle des Gerichts Einsicht in die Nachlassakten nehmen. Darüber hinaus hat die Rechtspflegerin dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 19.4.2007 angeboten, die Akte an das AG Oldenburg zu versenden, damit er sie dort auf der Geschäftsstelle jenes AG einsehen kann. In demselben Schreiben ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin auch angeboten worden, ihm eine Ablichtung der Akte zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot, ein Aktendoppel anzufertigen und dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zuzuleiten, hat der Vorsitzende der Beschwerdekammer in einem mit ihm am 30.5.2007 geführten Telefonat wiederholt. Diese Angebote hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin indes abgelehnt. Er verlangt mit den namens seiner Mandantin eingelegten Rechtsmitteln, dass ihm die Nachlassakte zur Einsicht in seine Kanzlei übersandt wird. Dieses Verlangen haben die Vorinstanzen indes rechtsfehlerfrei abgelehnt.

Das Recht der Prozessparteien oder Verfahrensbeteiligten auf Akteneinsicht - im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit gem. § 34 Abs. 1 FGG - beschränkt sich grundsätzlich auf Einsicht in die Akten auf der Geschäftsstelle des aktenführenden Gerichts. Weder ein Beteiligter noch sein Verfahrensbevollmächtigter haben einen Rechtsanspruch darauf, dass die Akten dem Verfahrensbevollmächtigten zur Einsicht in seine Büroräume überlassen werden (vgl. BGH; NJW 1961, 559; BFH, NJW 1968, 864; BFH/NV 2003, 59 f.; OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 1091; OLG Dresden, Rpfleger 1997, 27 [28]; OLG Frankfurt, NJW 1992, 846; LG Heidelberg, BWNotZ 1985, 91; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, § 34 Rz. 22; von König in Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006, § 34 Rz. 13; Schneider, Rpfleger 1987, 428), und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfG, HFR 1982, 77; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O.). Vielmehr steht die Entscheidung über die Art der Akteneinsicht, also darüber, ob die Akteneinsicht auf die Durchsicht der Akten auf der Geschäftsstelle des zuständigen oder eines auswärtigen Gerichts beschränkt ist oder ob sie einem Rechtsanwalt zur Mitnahme in seine Kanzlei überlassen bzw. dorthin übersandt werden, nach ganz einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum im pflichtgemäßen Ermessen des in der Sache zuständigen Rechtspflegers oder Richters (vgl. BGH, a.a.O.; BayObLGZ 1995, 1 [3]; OLG Köln Rpfleger 1983, 325; OLG Düsseldorf MDR 1987, 768 [769]; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.; Bassenge/Herbst, FGG/RPflG 11. Aufl. 2007, § 34 FGG Rz. 4 und 7; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O.; von König in Jansen, FGG, a.a.O.; Schneider, a.a.O.). Der Senat kann diese Ermessensentscheidung der Vorinstanzen im Verfahren der weiteren Beschwerde nur in eingeschränktem Umfang, d.h. nur auf Rechtsfehler hin überprüfen, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 52 [53]; BayObLG NJW-RR 1992, 1159; OLG Hamm OLGZ 1986, 1 [6]; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 27 Rz. 23 mit weit. Nachw.). Auch neues, erstmals in dritter Instanz in das Verfahren eingeführtes Vorbringen, wie beispielsweise das des Schriftsatzes vom 29.6.2007 zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin, kann - was der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin übersieht - der Senat als Rechtsbeschwerdegericht gemäß den §§ 27 Abs. 1 FGG, 559 ZPO nicht berücksichtigen (vgl. nur Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 27 Rz. 42 ff. mit zahlr. weit. Nachw.). Die Entscheidung des L...

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