Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Gewährung von Akteneinsicht setzt gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 FGG ein berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus. Ein solches liegt nach allgemeiner Ansicht schon dann vor, wenn der Antragsteller ein vernünftiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse glaubhaft macht, das auch tatsächlicher Art sein kann und nicht auf bereits vorhandenen Rechten beruhen muß. Ein berechtigtes Interesse ist im allgemeinen gegeben, wenn ein künftiges Verhalten des Antragstellers durch die Kenntnis vom Akteninhalt beeinflußt werden kann.

 

Normenkette

FGG § 34 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 13.10.1994; Aktenzeichen 30 T 2419/94)

AG Landshut (Aktenzeichen VI 1188/93)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 13. Oktober 1994 wird verworfen, die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 30 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser ist im Alter von 70 Jahren verstorben. Seine kinderlose Ehe mit der Beteiligten zu 3 ist 1965 geschieden worden. Im Jahr 1990 hat der Erblasser die Beteiligte zu 5, eine Tochter der Beteiligten zu 1, als Kind angenommen. Die Beteiligte zu 4 ist eine Cousine des Erblassers. Der Beteiligte zu 2 behauptet, sein nichtehelicher Sohn zu sein.

Der Erblasser hat mehrere privatschriftliche letztwillige Verfügungen hinterlassen. Mit Testament vom 15.3.1988 hat er die Beteiligten zu 1, 3, 4 und 5 zu Erben eingesetzt und ihnen bestimmte Quoten seines Nachlasses zugewendet. In einem Nachtrag vom 14.3.1989 hat der Erblasser Testamentsvollstrek-kung angeordnet und verfügt:

sollte sich durch das von A. (Beteiligter zu 2) angestrengte Verfahren bezgl. Vaterschaft ergeben, dass ich als Erzeuger zu gelten habe, was ich keinesfalls glaube, so bestimme ich, dass A. maximal der gesetzliche Pflichtteil auszuzahlen bezw. zu vergüten ist.

Ich verbiete A. meine Besitzungen zu betreten und/oder sich irgendwelche in den Nachlass fallende Gegenstände anzueigen bezw. in Besitz zu nehmen.

In einem weiteren Nachtrag vom 21.8.1990 hat der Erblasser bestimmt, daß sein angenommenes Kind, die Beteiligte zu 5, den gesetzlichen Pflichtteil erhalten solle. Mit Verfügung vom 2.11.1992 hat der Erblasser erklärt, das Verfahren „wegen der Vaterschaftsklage” des Beteiligten zu 2 sei seinerzeit auf dessen Antrag hin eingestellt worden, und bestimmt:

Sollte A. trotz dieses abgeschlossenen Verfahrens wider Erwarten nach meinem Ableben Erbanspruch stellen, dann verfüge ich, falls diese Klage in der entscheidenden Instanz, trotz allem, zu Gunsten von A. ausfallen sollte, maximals ggf. eine Zahlung auf Pflichtteil.

Der Beteiligte zu 2 hat beim Nachlaßgericht um Akteneinsicht gebeten. Dazu hat er vorgetragen, er habe seine Klage auf Feststellung der Vaterschaft im November 1990 auf Wunsch des Erblassers zurückgenommen, nachdem ein in diesem Rechtsstreit eingeholtes Gutachten ergeben habe, daß die Vaterschaft des Erblassers praktisch erwiesen sei. Der Erblasser habe ihm durch letztwillige Verfügung ein Vermächtnis in Höhe des gesetzlichen Pflichtteils zugewendet. Das Nachlaßgericht hat im Januar 1994 Akteneinsicht bewilligt und verfügt, daß die Akten an den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 hinauszugeben seien.

Am 28.2.1994 hat das Nachlaßgericht einen Erbschein bewilligt, wonach der Erblasser von den Beteiligten zu 1, 3 und 4 beerbt sowie Testamentsvollstreckung angeordnet worden sei. Der Beteiligten zu 1 ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden. Sie hat anschließend das Nachlaßgericht gebeten, dem Beteiligten zu 2 keine Einsicht in das Nachlaßverzeichnis zu gewähren, so lange nicht feststehe, ob er pflichtteilsberechtigt sei.

Nachdem die Testamentsvollstreckerin das Nachlaßverzeichnis vorgelegt hatte, beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 2 erneut Akteneinsicht. Durch Beschluß vom 6.8.1994 bewilligte ihm der Nachlaßrichter die Einsichtnahme am 1.9.1994, um der Testamentsvollstreckerin die Möglichkeit zur Einlegung eines Rechtsmittels zu geben. Die Testamentsvollstreckerin hat „Erinnerung” eingelegt. Der Beteiligte zu 2 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten und hat beantragt, die Akten „nunmehr” für zwei Tage seinem Verfahrensbevollmächtigten in dessen Kanzlei zur Einsichtnahme zu überlassen. Der Nachlaßrichter hat das Rechtsmittel dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat mit Beschluß vom 13.10.1994 die Beschwerde der Testamentsvollstreckerin zurückgewiesen (Nr. I) und angeordnet, daß dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 am 8.11.1994 auf der Geschäftsstelle des Nachlaßgerichts Akteneinsicht zu gewähren sei (Nr. II). Gegen den Beschluß des Landgerichts haben der Beteiligte zu 2 und die Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstreckerin weitere Beschwerde eingelegt. Die Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Gewährung der Akteneinsicht. Der Beteiligte zu 2...

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