Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, wann ein Rechtsanwalt als sich selbst vertretende Partei zu behandeln ist.

 

Normenkette

ZPO § 78 Abs. 4, § 91 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 19.07.2017; Aktenzeichen 7 O 322/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim Landgericht Aachen vom 19. Juli 2017 - 7 O 322/14 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Zwischenurteils des Landgerichts Aachen vom 30. September 2016 und aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln vom 11. April 2017 - 6 W 133/16 - sind von der Klägerin an Frau Rechtsanwältin B 4.719,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 21. Oktober 2016 aus 3.948,32 EUR und seit dem 11. Mai 2017 aus weiteren 771,50 EUR zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 84 % und Rechtsanwältin B zu 16 %.

Eine Reduzierung der Gerichtsgebühren findet nicht statt.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 5.616,59 EUR.

 

Gründe

I. In einem Vorprozess hatte Rechtsanwältin B den Beklagten und dessen Ehefrau vertreten (LG Köln - 31 O 429/09 -). Dieser endete mit einem außergerichtlichen Vergleich, der für den Beklagten und dessen Ehefrau von Rechtsanwältin B unterzeichnet wurde. Diese hatte sich im Rechtsstreit zuvor schriftsätzlich bestellt und anwaltlich versichert, ordnungsgemäß bevollmächtigt zu sein. Im hier zu Grunde liegenden Rechtsstreit hat der Beklagte die Bevollmächtigung seiner ehemaligen Rechtsvertreterin im Hinblick auf die außergerichtliche Vereinbarung bestritten. Eingangs ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung im Termin vom 4. September 2015 berief sich die von der Klägerin benannte Rechtsanwältin B auf ein Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund anwaltlicher Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Beklagten und dessen Ehefrau infolge des Vorprozesses. Der im Termin persönlich anwesende Beklagte gab keine Entbindungserklärung ab.

Daraufhin wies das Landgericht die Klage durch Endurteil ab. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hob das Oberlandesgericht Köln (6 W 131/15) das Urteil auf und verwies die Sache zur Durchführung des Verfahrens über einen Zwischenstreit gemäß § 387 ZPO an das Landgericht zurück. Dieses beraumte nunmehr Termin auf den 26. Februar 2016 an, zu dem Rechtsanwältin B als Zeugin geladen wurde. Der Termin fand statt im Rahmen des Zwischenstreits über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung. Im Termin erklärte Rechtsanwältin B, da sie lediglich eine Zeugenladung erhalten habe, habe sie sich nicht auf einen Zwischenstreit, in dem sie Partei sei, vorbereiten können. Die Sache wurde unter anderem deswegen vertagt.

Zum Termin vom 9. September 2016 wurde Rechtsanwältin B wiederum mit den für Zeugenladungen vorgesehenen Formularen geladen. Im Sitzungsprotokoll heißt es bei der Benennung der Erschienenen u.a.: "... die Zeugin B als Partei des Zwischenstreits." Dem Protokoll ist weiter zu entnehmen, dass, nachdem der Klägervertreter seinen Antrag gestellt hatte, Rechtsanwältin B beantragte "festzustellen, dass sie zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist und der Klägerin die Kosten des Zwischenstreits aufzuerlegen."

Mit Zwischenurteil vom 30. September 2016 erklärte das Landgericht die Zeugnisverweigerung von Rechtsanwältin B für rechtmäßig. Die Kosten des Zwischenstreits legte es der Klägerin auf und setzte den Streitwert nach demjenigen der Hauptsache auf 105.021,00 EUR fest. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung des Landgerichts wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 11. April 2017 (6 W 133/16) kostenpflichtig zurück.

Zur Kostenfestsetzung angemeldet hat Rechtsanwältin B eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (1.953,90 EUR), eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG (1.803,60 EUR) nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer, des Weiteren Fahrtkosten sowie Tages- und Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung der Termine vor dem Landgericht Aachen vom 26. Februar und 9. September 2016, insgesamt 4.698,50 EUR. Für das Beschwerdeverfahren zum Oberlandesgericht Köln hat sie 918,09 EUR zur Festsetzung angemeldet, nämlich eine 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.

Dem tritt die Klägerin entgegen. Sie ist der Ansicht, Rechtsanwältin B sei im Verfahren als Zeugin, nicht aber als Anwältin beteiligt gewesen. Allenfalls als Zeugenbeistand könne sie Gebühren wie ein Anwalt geltend machen. In dieser Funktion sei sie aber nicht tätig gewesen. Ebenso wenig habe sie angezeigt, dass sie sich im Zwischenstreit als Rechtsanwältin selbst vertrete. Demgemäß sei sie auch als Zeugin geladen worden. Dass Rechtsanwältin B in ihrer Funktion als Zeugin am Termin vom 4. September 2015 teilgenommen habe, ergebe sich auch aus dem Sitzungsprotokoll. Danach sei sie vom Gericht zunächst gebeten worden, vor dem Gerichtssaal zu warten. Erst im Verlauf der Verhandlung sei sie hereingebeten worden. Auch habe Rechtsanwältin B im ...

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