Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 45 aF 377/01)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragstellerin wird für den Antrag zu Ziff. II.4. gem. dem Klageentwurf vom 19.9.2001 uneingeschränkt Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und ihr auch insoweit Rechtsanwalt B. in H. zu den Bedingungen eines in Bonn ortsansässigen Anwalts beigeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

Das gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist begründet. Der Antragstellerin ist für die beabsichtigte Geltendmachung von Unterhaltsrückständen für die Zeit seit Oktober 1999 ebenfalls Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 114 ZPO sind auch insoweit gegeben. Die Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und der Stadt H. vom 9.1.2001 (Bl. 29 f.der Unterakte 45a F 377/01 EA/UE), durch die die nach § 91 Abs. 1 S. 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) i.H.d. erbrachten Sozialhilfeleistungen auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen Unterhaltsansprüche der Antragstellerin sowie des Kindes N. C. zum Zwecke gerichtlicher Geltendmachung gemäss § 91 Abs. 4 BSHG treuhänderisch auf die Antragstellerin zurückübertragen worden sind, steht dem nicht entgegen. Für die Monate Oktober und November 1999 folgt das allein schon daraus, dass die vorgenannte Rückübertragungsvereinbarung ohnehin nur den Zeitraum ab dem 1.12.1999 erfasst. Aber auch im Übrigen kann die Vereinbarung weder unter dem Gesichtspunkt fehlender Bedürftigkeit der Antragstellerin noch – entgegen der Auffassung des AG in dem angefochtenen Beschluss – dem der Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegen stehen.

Gemäß dem am 1.8.1996 in Kraft getretenen § 91 Abs. 4 S. 1 BSHG (i.d.F.des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts vom 23.7.1996, BGBl. I S. 1088) kann der Träger der Sozialhilfe den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit dem Hilfeempfänger auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Nach S. 2 dieser Bestimmung sind Kosten, mit denen der Hilfeempfänger dadurch selbst belastet wird, zu übernehmen. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie im Schrifttum ist umstritten, ob und ggfls. unter welchen Voraussetzungen dem Hilfeempfänger, der den zurückübertragenen Anspruch gerichtlich geltend macht, Prozesskostenhilfe zu gewähren ist (vgl. zum Streitstand Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG § 91 Rz. 173b; Musielak/Fischer, ZPO 2. Aufl. § 114 Rz. 35; Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 6 Rz. 558; Künkel FamRZ 1996, 1509 [1513], jeweils mit zahlreichen w. N.). Dabei wird auf der einen Seite die Auffassung vertreten, die Bewilligung der Prozesskostenhilfe scheitere in Fällen der vorliegenden Art schon an der fehlenden „Prozesskostenarmut” des Hilfebedürftigen, der vom Träger der Sozialhilfe einen Prozesskostenvorschuss verlangen könne, wobei wiederum im einzelnen streitig ist, ob dieser Vorschussanspruch sich bereits unmittelbar aus § 91 Abs. 4 S. 2 BSHG (so OLG Koblenz v. 3.4.1997 – 15 UF 1327/96, MDR 1997, 1072 = OLGReport Koblenz 1997, 155 = FamRZ 1997, 1086) oder zumindest in direkter bzw. entsprechender Anwendung von § 669 BGB aus dem materiellen Recht (so OLG Celle v. 25.8.1998 – 12 WF 170/98, FamRZ 1999, 1284) ergeben soll. Auf der anderen Seite haben sowohl der 14. Zivilsenat als auch, ihm folgend, der 25. Zivilsenat des OLG Köln die Ansicht vertreten, die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers aus § 91 Abs. 4 S. 2 BSHG begründe für den Hilfebedürftigen keinen Prozesskostenvorschussanspruch, sondern lediglich einen – für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unschädlichen – Übernahme- bzw. Freistellungsanspruch für den Fall, dass der Hilfebedürftige durch die Geltendmachung selbst mit Kosten belastet werde (vgl. OLG Köln v. 31.10.1996 – 14 WF 190/96, OLGReport Köln 1997, 297 = FamRZ 1997, 297 [298]; OLG Köln v. 29.7.1997 – 25 WF 115/97, FamRZ 1998, 175 [177]; ebenso OLG Nürnberg v. 19.2.1999 – 10 WF 521/99, FamRZ 1999, 1284 [1285]; Musielak/Fischer, ZPO 2. Aufl. § 114 Rz. 35; Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 6 Rz. 558). Der erkennende Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an:

Bereits der Wortlaut des § 91 Abs. 4 S. 2 BSHG („Kosten, mit denen der Hilfeempfänger … belastet wird”) spricht eher für einen bloßen Freistellungsanspruch des Hilfebedürftigen, der erst dann eingreift, wenn diesem – am Ende des Prozesses bei Erstattungsansprüchen des Prozessgegners – Kosten auferlegt werden (vgl. OLG Nürnberg v. 19.2.1999 – 10 WF 521/99, FamRZ 1999, 1284 [1285]). Dieses Verständnis steht auch in Einklang mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, wonach die Formulierung, dass der Unterhaltsberechtigte nicht selbst mit Kosten belastet werden soll, der Klarstellung diene...

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