Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige sofortige Beschwerde bei verweigerter Beiordnung eines Rechtsanwalts im e.A.-Umgangsrechtsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen die (teilweise) Zurückweisung eines Verfahrenskostenhilfeantrags in Form der Verweigerung der Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten ist auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht die sofortige Beschwerde zulässig. Insofern kommt es nicht darauf an, ob in der Hauptsache ein Rechtsmittel zulässig wäre. Denn allein die Verweigerung der Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten beschwert die Antragstellerin. Der allgemein geltende Grundsatz, dass das Prozess-/Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht an eine höhere Instanz gelangen könne als das zugehörige Hauptsacheverfahren, gilt im vorliegenden Fall nicht, wie höchstrichterlich entschieden worden ist (BGH vom 18.5.2011, MDR 2011, 805), da ähnlich wie bei der Zurückweisung mangels Bedürftigkeit in der Sache selbst keine Entscheidung getroffen wird.

 

Normenkette

FamFG § 78 Abs. 2; ZPO §§ 121, 127 Abs. 2, § 567

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 23.02.2012; Aktenzeichen 410 F 147/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Verweigerung der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe durch den Beschluss des AG Bonn vom 23.2.2012 - 410 F 147/12 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Das Rechtsmittel gegen die (teilweise) Zurückweisung eines Verfahrenskostenhilfeantrags ist in dem vorliegenden Verfahren der einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht zulässig. Für dieses Rechtsmittel im Verfahrenskostenhilfeverfahren kommt es nicht darauf an, ob in der Hauptsache ein Rechtsmittel zulässig wäre. Denn allein die Verweigerung der Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten beschwert die Antragstellerin. Der allgemein geltende Grundsatz, dass das Prozess-/Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht an eine höhere Instanz gelangen könne als das zugehörige Hauptsacheverfahren, gilt im vorliegenden Fall nicht, wie höchstrichterlich entschieden worden ist (BGH vom 18.5.2011, MDR 2011, 805). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gegeben.

2. Das Rechtsmittel ist jedoch in der Sache unbegründet.

Die Frage, ob der Antragstellerin ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, beurteilt sich nach § 78 Abs. 2 FamFG. Danach ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte in den Familienverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht grundsätzlich vorgeschrieben, sondern nur bei Schwierigkeit der Sach- und/oder Rechtslage geboten. Dies ist unter Heranziehung der objektiven und subjektiven Merkmale des Falles zu prüfen, ob sich das Verfahren für den konkreten Beteiligten wegen einer schwierigen Sach- oder Rechtslage so kompliziert darstellt, dass auch ein bemittelter Beteiligter einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde (BGH vom 23.6.2010, FamRZ 2010, 1427).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Weder ergeben sich aus objektiver, noch aus subjektiver Sicht ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Beiordnung eines Rechtsanwaltes gebieten würde. Vielmehr hätte ein Beteiligter, der selbst die Kosten seiner anwaltlichen Vertretung aufbringen müsste, in diesem Verfahren vernünftigerweise von der Beauftragung eines Rechtsanwaltes abgesehen.

Im vorliegenden Fall ist zwischen den beteiligten Eltern bereits im Jahre 2007 eine umfangreiche und Details regelnde Vereinbarung zum Umgangsrecht getroffen worden. In dieser Regelung sind auch genaue Angaben enthalten, wann nach den jeweiligen Schulferien das Umgangsrecht des nicht betreuenden Elternteils wieder beginnt und wie es nach diesen Ferienregelungen abzuwickeln ist. Unter Zugrundelegung dieser Regelungen in der Vereinbarung wäre es den Beteiligten möglich gewesen, auch für das fragliche Wochenende, für das die Antragstellerin eine einstweilige Anordnung begehrt hat, "nachzurechnen", ob es sich um ein Umgangswochenende handelt oder nicht. Schon von daher stellt sich die Frage der Erforderlichkeit des Antrags der Antragstellerin. Hinzu kommt, dass die Beteiligten offensichtlich seit 2007 den Umgang der Kinder - wenn auch zum Teil mit Meinungsverschiedenheiten - praktiziert haben. Warum nunmehr, fünf Jahre später, erneut Schwierigkeiten auftreten, die sich nicht anhand der bereits getroffenen Umgangsvereinbarung lösen lassen, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls handelt es sich um Fragen, die keiner besonderen rechtlichen Beratung bedürfen, vielmehr anhand der vorliegenden Vereinbarung abgeklärt werden können.

Grundsätzlich war den Beteiligten, und damit auch der Antragstellerin klar, dass ein 14-tägiges Umgangsrecht besteht, das sich an genauen Daten ausgerichtet hat bzw. noch immer ausrichtet. Sofern aus Sicht der Antragstellerin an einzelnen Wochenenden Probleme bei dem Verständnis der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben sollten, hätte es nahe gelegen, zunächst mit dem Kindesvater oder, falls insoweit kein Einvernehmen ...

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