Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 05.01.2011; Aktenzeichen 1 BvR 2870/10)

BGH (Beschluss vom 22.03.2010; Aktenzeichen NotZ 16/09)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragsgegners.

Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller war Notar im Bezirk des AG Dortmund. Am 31.3.2009 hat er das 70. Lebensjahr vollendet. Gemäß §§ 47 Nr. 1, 48a BNotO erlosch mit Ablauf dieses Tages sein Amt als Notar.

Mit Antrag vom 16.3.2009 begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass sein Amt nicht mit Ablauf des 31.3.2009 erlischt. Er meint, die Altersregelung der §§ 47, 48a BNotO sei wegen Verstoßes gegen Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 vom 2.12.2000, S. 16 ff.) unwirksam. Er werde ohne ausreichenden Grund allein wegen seines Alters an der weiteren Ausübung des Notaramtes gehindert. Seinen zugleich gestellten Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung anzuordnen, dass er sein Notaramt über den 31.3.2009 hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag in der Hauptsache ausüben dürfe, hat der Senat durch Beschluss vom 27.3.2009 zurückgewiesen.

Der Antragsteller verfolgt seinen Antrag in der Hauptsache weiter. Er beantragt, festzustellen, dass sein Amt als Notar nicht mit Ablauf des 31.3.2009 geendet hat.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er vertritt in Übereinstimmung mit dem Präsidenten der Westfälischen Notarkammer die Auffassung, dass die gesetzlich vorgesehene Altersgrenze für die Ausübung des Notaramtes jedenfalls im Hinblick auf die Ausbildung geeigneten Nachwuchses unerlässlich und deshalb auch mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar sei.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

II. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 27.3.2009 ausgeführt:

"Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet. Sein Antrag in der Hauptsache wird nach derzeitiger Beurteilung durch den Senat keinen Erfolg haben, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass sein Interesse am Erlass der einstweiligen Anordnung überwiegt.

1. Der BGH hat bereits zur Frage der Anwendung der Gleichbehandlungs-Richtlinie auf Notare Stellung genommen (Beschluss vom 26.11.2007 - NotZ 23/07) und diese verneint. Dabei hat er die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie auf den Zugang zu freien Berufen letztlich nicht geklärt, sondern entscheidend darauf abgestellt, dass die Altersgrenze in § 6 Abs. 1 BNotO jedenfalls gem. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zulässig wäre. Diese Auffassung teilt der Senat; für die Altersgrenze in § 48a BNotO gilt nichts anderes.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie stellt klar, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters dann keine unzulässige Diskriminierung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie darstellen, wenn sie ein angemessenes Mittel zur Erreichung rechtmäßiger Ziele sind. Der Europäische Gerichtshof hat hierzu unlängst klargestellt, dass die nationalen Gesetzgeber in diesem Bereich über einen weiten Wertungsspielraum verfügen (EuGH, Urt. v. 5.3.2009 - Rs. C-- 388/07 - [Age Concern England], Rz. 51). Nach Auffassung des Senats stellt die Altersbegrenzung für die Ausübung des Notaramtes in §§ 47 Nr. 1, 48a BNotO eine in diesem Sinne angemessene Regelung zur Erreichung eines legitimen Zwecks dar. Diese Maßnahme ist geeignet und erforderlich, um die Ausbildung des Notarnachwuchses sicherzustellen. Hierdurch werden die Notare auch nicht unverhältnismäßig belastet.

a) Die Zahl der Notare ist von Gesetzes wegen begrenzt, denn gem. § 4 BNotO werden nur so viele Notare bestellt, wie benötigt werden. Dies führt dazu, dass die bestellten Notare einen "closed shop" bilden. Ohne eine gesetzliche Altersgrenze wäre es jedem Notar möglich, sein Notaramt unbegrenzt lange auszuüben, was aufgrund der damit verbundenen Erwerbsmöglichkeiten für viele Notare auch attraktiv sein würde, zumal sie sich bei der Ausübung ihres Amtes vertreten lassen können (§ 39 BNotO). Eine solche Entwicklung kann durch die gesetzliche Altersgrenze entgegengewirkt werden.

b) Nur diese gesetzliche Altersgrenze ermöglicht es, in nennenswertem und insb. vorhersehbarem Umfang den Zugang zum Amt des Notars für weitere Personen zu eröffnen. Ohne eine mit einiger Zuverlässigkeit bestehende Chance des Zugangs zum Amt des Notars in absehbarer Zeit werden sich nicht genug geeignete Interessenten finden, die die zeit- und kostenaufwendige Ausbildung durchlaufen werden, die absolviert werden muss, um das Amt eines Notars ausüben zu können. Dies gilt sowohl für den Bereich des Nur-Notariats wie auch für den Bereich des Anwaltsnotariats. In beiden Fällen investieren die Interessenten für das Amt eines Notars in erheblichem Umfang Zeit in den Erwerb der entsprechenden Qualifikationen.

Im Bereich des Nur-Notariats geschieh...

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