Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren über die Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung in einer Familienstreitsache verdient der Rechtsanwalt eine 0,5-Verfahrensgebühr gem. Ziff. 3500 RVG-VV, nicht hingegen eine 1,6-Verfahrensgebühr gem. Ziff. 3200 RVG-VV.

 

Normenkette

RVG-VV Vorbem. 3.2.1.; RVG-VV Ziff. 3200; RVG-VV Ziff. 3500

 

Verfahrensgang

AG Leverkusen (Beschluss vom 27.03.2012; Aktenzeichen 38 F 105/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 11.4.2012 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Leverkusen vom 27.3.2012 (38 F 105/11) abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Beschlusses des AG Leverkusen vom 4.10.2011 in Verbindung mit dem am 3.11.2011 erlassenen Beschluss des OLG Köln (25 WF 265/11) sind von dem Antragsteller 692,34 EUR - sechshundertzweiundneunzig Euro und vierunddreißig Cent - nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 25.11.2011 an die Antragsgegnerin zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragsgegnerin zur Last.

 

Gründe

I. Im zugrunde liegenden Verfahren hat der Antragsteller die Antragsgegnerin auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung in Anspruch genommen. Nachdem die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hat das AG - Familiengericht - mit Beschluss vom 4.10.2011 dem Antragsteller die Kosten auferlegt. Diese Entscheidung war Gegenstand des bei dem Senat anhängig gewesenen Beschwerdeverfahrens 25 WF 265/11, in welchem der Senat mit am 3.11.2011 erlassenen Beschluss die amtsgerichtliche Entscheidung bestätigt hat.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 22.11.2011 hat die Antragsgegnerin Kosten i.H.v. 1.068,34 EUR zum Ausgleich angemeldet; hierin enthalten ist eine 1,6-Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren i.H.v. 481,60 EUR. Mit der angefochtenen Entscheidung hat die Rechtspflegerin die Kosten wie angemeldet festgesetzt.

Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Antragstellers, welchem die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat. Er macht geltend, im Beschwerdeverfahren sei lediglich eine 0,5-Verfahensgebühr entstanden. Zudem sei die Antragsgegnerin nicht als Rechtsanwältin tätig.

Im Beschwerdeverfahren hatten die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die gem. §§ 112 Ziff. 3, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO an sich statthafte, rechtzeitig innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegte, Bedenken auch mit Rücksicht auf den Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO nicht unterliegende und damit insgesamt zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Leverkusen vom 27.3.2012 (38 F 105/11) hat in der Sache selbst den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.

1. Da das zugrunde liegende Verfahren gem. § 114 Abs. 1 FamFG dem Anwaltszwang unterliegt, kann die sich selbst vertretende Antragsgegnerin die ihr als Rechtsanwältin zustehenden gesetzlichen Gebühren zum Ausgleich anmelden. Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin als Rechtsanwältin zugelassen ist, hat der Senat nicht, nachdem sie eine Ablichtung ihres Anwaltsausweises vorgelegt hat. Neues hierzu bringt die Beschwerde auch nicht vor.

2. Gemäß Vorbemerkung 3.2.1. Ziff. 2. b) RVG-VV, Ziff. 3200 RVG-VV verdient der Rechtsanwalt in Verfahren über Beschwerden gegen die Endentscheidungen in Familiensachen (u.a.) eine 1,6-Verfahrensgebühr. (Nur) diesen Rechtszustand referiert die von der Antragsgegnerin zitierte Kommentierung von Baumgärtel/Hergenröder/Houben-Hergenröder, RVG, 15. Aufl. Vorbem. 3.2.1. VV Rz. 6 und 8. Indessen handelt es sich bei der hier in Rede stehenden isolierten Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung nicht um eine "Endentscheidung in Familiensachen" in diesem Sinne.

a) Vorbemerkung 3.2.1. Ziff. 2. b) RVG-VV betraf in der Ursprungsfassung "Verfahren über Beschwerden oder Rechtsbeschwerden gegen die den Rechtszug beendenden Entscheidungen in Familiensachen". Die Vorschrift entsprach nach dem Willen des Gesetzgebers § 61a Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO, der die Vergütung des Rechtsanwalts im Verfahren über die Beschwerde nach § 621e Abs. 1 ZPO regelte (vgl. BT-Drucks. 15/1971, 213). Für die Bestimmung des § 621e Abs. 1 ZPO war aber anerkannt, dass mit den dort in Bezug genommenen "Endentscheidungen über Familiensachen" die isolierte Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung gerade nicht gemeint war (BGH NJW-RR 1990, 1218; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 621e Rz. 11).

Durch Art. 47 Abs. 6 Ziff. 19 lit. k) FGG-RG (BGBl. I 2008, 2586 [2719]) hat die Bestimmung ihre heutige Fassung erhalten. Dass hiermit in Bezug auf die hier interessierende Fragestellung eine inhaltliche Änderung beabsichtigt war, lässt sich aus den Gesetzesmaterialien, die sich lediglich mit aus dem Anwaltszwang im Rechtsbeschwerdeverfahren resultierenden Folgeänderungen befassen (BT-Drucks. 16/630...

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