Verfahrensgang

LG Bonn (Entscheidung vom 04.02.2015)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 6. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 4. Februar 2015 wird als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

A.

Durch Urteil vom 07.01.2014 hat das Amtsgericht Siegburg den Angeklagten wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt und es ihm nachgelassen, die Strafe in monatlichen Raten zu je 20,00 € zu bezahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bonn mit Urteil vom 04.02.2015 verworfen. Amts- und Landgericht haben übereinstimmend u.a. festgestellt, dass der Angeklagte am 11.11.2011 in L den ICE Richtung G bestieg und sich einen Sitzplatz suchte, ohne über eine Fahrkarte zu verfügen; zuvor hatte er einen Zettel mit der Aufschrift "Ich fahre schwarz" in seine umgeklappte Wollmütze gesteckt, ohne sich beim Einsteigen oder bei der Sitzplatzsuche einem Mitarbeiter der Deutschen Bundesbahn zu präsentieren. Erst bei einer routinemäßigen Fahrscheinkontrolle wurde der Zugbegleiter auf den Angeklagten und den von diesem getragenen Zettel aufmerksam.

Mit der Revision des Angeklagten wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.

B.

Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Die Nachprüfung des Berufungsurteils auf Grund der Revisionsbegründung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

Die Verfahrensrüge, mit der eine Verletzung des Beweisantragsrechts (§ 244 Abs. 3 StPO) geltend gemacht wird, ist bereits nicht zulässig erhoben.

Die Revision beanstandet die Ablehnung des in der Berufungshauptverhandlung gestellten Beweisantrages auf Inaugenscheinnahme der Aufnahmen der Überwachungskameras aus dem Zug (...dass der Zettel mit der Aussage "Ich fahre schwarz" offen und ersichtlich im Zug getragen wurde") und rügt eine Verletzung des § 244 Abs. 3 StPO, ohne jedoch die rechtfehlerhafte Behandlung des Beweisantrages zu behaupten.

Soweit die Rüge explizit auf eine Verletzung des § 244 Abs. 3 StPO gestützt ist, behauptet der Angeklagte schon nicht, dass die Strafkammer eine im Ablehnungsbeschluss zugesagte Wahrunterstellung nicht eingehalten hat; tatsächlich steht die Beweisbehauptung mit den getroffenen Feststellungen, nach denen der in die Mütze eingeklemmte Zettel für weitere Fahrgäste, die sich in dem Zug befanden, gut lesbar war, ohne weiteres im Einklang. Die Behauptung einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht wegen Zurückweisung des auf Augenscheinsbeweis gerichteten Antrages gemäß § 244 Abs. 5 S 1 StPO lässt sich dem Rügevorbringen nicht entnehmen; ein Grund, der die Strafkammer zur weiteren Sachaufklärung hätte drängen müssen, nachdem sie die Beweisbehauptung als wahr unterstellt hatte, ist im Übrigen auch nicht erkennbar.

Tatsächlich und entgegen ihrer Bezeichnung als "Rüge formellen Rechts" richtet sich die diesbezügliche Beanstandung gegen die materiell-rechtliche Bewertung des als wahr unterstellten und dementsprechend festgestellten Sachverhalts.

II.

Auch die auf die erhobene Sachrüge gebotene Überprüfung des landgerichtlichen Urteils deckt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

1.

Insbesondere hat die Strafkammer auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht angenommen, dass das Verhalten des Angeklagten den objektiven und subjektiven Straftatbestand der Beförderungserschleichung gemäß § 265a Abs. 1 Alt. 3 StGB erfüllt.

Nach der Rechtsprechung wird eine Beförderungsleistung bereits dann im Sinne des § 265a Abs. 1 StGB erschlichen, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (vgl. BGH, Beschluss vom 08.01.2009 - 4 StR 117/08 -, zitiert nach [...], Leitsatz und Rn. 13). Die Vereinbarkeit dieser Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Erschleichen" mit dem Bestimmtheitsgebot des Artikels 103 Abs. 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits zuvor bestätigt (Beschluss vom 09.02.1998 - 2 BvR 1907/97; Beschluss vom 07.04.1999 - 2 BvR 480/99, zitiert nach [...]).

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte mit dem Einsteigen in den abfahrbereiten ICE und der anschließenden Sitzplatzsuche im Zug mit dem "Anschein der Ordnungsgemäßheit" im Sinne der zitierten Rechtsprechungsgrundsätze umgeben hat. Der an seiner Mütze angebrachte Zettel mit der sicht- und lesbaren Aufschrift "Ich fahre schwarz" war nicht geeignet, den durch das Einsteigen in den Zug gesetzten Anschein zu erschüttern. Insoweit wäre erforderlich gewesen, dass in offener und unmissverständlicher Weise nach außen zum Ausdruck gebracht wird, die Beförderungsbedingungen nicht erfüllen und den Fahrpreis nicht entrichten zu wollen (KG Berlin, Beschluss vom 02.03.2011 - (4) 1 Ss 32/11 (19/11) - zitiert nach [...]; OLG Naumburg...

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