Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen 10 HKO 79/97)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.10.2006; Aktenzeichen II ZR 46/05)

 

Tenor

I. Die Berufungen der Kläger und des Streithelfers der Klägerin zu 3) gegen das Urteil der 10. Zivilkammer - 3. Kammer für Handelssachen - des LG Mainz vom 10.2.2004 werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu je ¼. Die Streithelfer der Kläger zu 3) und 4) tragen ihre Kosten selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Mit ihren Berufungen verfolgen die Kläger und Streithelfer ihre Anträge weiter, die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 23.5.1997 gefassten Beschlüsse zu den Tagungsordnungspunkten 4-7 für nichtig zu erklären, hilfsweise deren Nichtigkeit festzustellen bzw. deren Unwirksamkeit festzustellen.

Beide Parteien wiederholen im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und ergänzen es.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Urkunden Bezug genommen.

II. Die Berufungen haben keinen Erfolg.

Das LG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Den Klägern fehlt die für die Erhebung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erforderliche Klagebefugnis und für eventuelle Feststellungsklagen das Feststellungsinteresse.

1. Die Kläger waren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und bei Klageerhebung Aktionäre der Beklagten und damit als Ausfluss ihres subjektiven Mitgliedschaftsrechts berechtigt, die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen zu erheben.

Mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses vom 26.8.2002 in das Handelsregister am 24.1.2003 gingen jedoch alle Aktien der Kläger auf die Hauptaktionärin über mit der Folge, dass die Kläger ihre Mitgliedschaft an der Beklagten verloren haben. Dies hat das LG im Einzelnen ausgeführt; der Senat nimmt hierauf Bezug.

2. Nach der im Aktienrecht herrschenden Meinung lässt der Verlust der Mitgliedschaft infolge einer Veräußerung der Aktien die Klagebefugnis in entsprechender Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO nicht entfallen. Der frühere Aktionär kann das Anfechtungsrecht, das aus der in der Person des Rechtsnachfolgers fortdauernden Mitgliedschaft resultiert, weiterhin geltend machen und den Rechtsstreit fortsetzen (Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 245 Rz. 8; Hüffer in MünchKomm/AktG, 2. Aufl. 2001, § 245 Rz. 24; K. Schmidt in GK AktG, 4. Aufl. 1995, § 245 Rz. 17; Heise/Dreier, BB 2004, 1126 [1127]; BGH v. 23.10.1998 - LwZR 1/98, AG 1999, 180 = ZIP 1999, 23).

Gleiches hat erst recht zu gelten, wenn kein Verkauf, sondern ein Zwangsausschluss Ursache für den Verlust der Aktionärsstellung ist. Der Aktionär, der sein Mitgliedschaftsrecht zwangsweise verliert, kann nicht schlechter gestellt werden als derjenige Aktionär, der sein Mitgliedschaftsrecht freiwillig aufgibt. § 265 Abs. 2 ZPO findet auch bei unfreiwilligem Rechtsverlust Anwendung (Heise/Dreier, BB 2004, 1126 [1127]; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 265 Rz. 5; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 265 Rz. 8)

3. Eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO kommt jedoch im Streitfall nicht in Betracht mit der Folge, dass die Klagebefugnis entfallen und die Klage unbegründet geworden ist.

a) Die Regelung in § 265 Abs. 2 ZPO dient neben der Prozessökonomie in erster Linie dem Schutz des Prozessgegners. Dieser soll bei einer Änderung der Sachlegitimation des Klägers nicht gezwungen sein, einen neuen Prozess gegen den Rechtsnachfolger führen zu müssen. Im Streitfall ist ein solcher Prozess gegen den Rechtsnachfolger aber schon von vornherein ausgeschlossen, weil Rechtsnachfolgerin der Kläger die Alleinaktionärin der Beklagten ist, auf welche die Aktien der Kläger gem. § 327e Abs. 3 AktG übergegangen sind.

b) Soweit § 265 Abs. 2 ZPO auch dazu dient, einem besonderen Interesse des Rechtsvorgängers an der Weiterführung des Rechtsstreits Rechnung zu tragen (BGH v. 27.1.2000 - I ZB 39/97, NJW-RR 2001, 181 [182]), ist ein solches besonderes Interesse zu verneinen.

Nach Erlöschen ihrer Mitgliedschaft haben die früheren Aktionäre kein berechtigtes Interesse mehr an einem Gestaltungsurteil gem. § 248 AktG mit Wirkung für und gegen alle. Sie werden von der Gestaltungswirkung nicht mehr betroffen, es geht sie nichts mehr an, was aus den beschlossenen Strukturmaßnahmen in Zukunft für die Aktiengesellschaft wird.

Allerdings könnte der bisherige Aktionär ein schutzwürdiges Interesse daran haben, dass der angefochtene Beschluss zumindest für die Zeit bis zu seinem Ausscheiden für nichtig erklärt wird. Ein solches zeitlich begrenztes Interesse ist für den Fall eines bestätigenden Beschlusses für die Fortführung der bereits erhobenen Anfechtungsklage anerkannt. Die Sonderv...

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