Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Anwaltshonorar; Gebührenfolge einer unsachgemäßen Aufspaltung von Räumungs- und Zahlungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine die Rückforderung des gezahlten Anwaltshonorars aus- schließende freiwillige Leistung des Mandanten (§ 3 Abs. 1 S. 2 BRAGO) ist nur gegeben, wenn der Auftraggeber weiß, dass seine Zahlung die gesetzliche Vergütung des Anwalts übersteigt. Für die Kenntnis ist der Rechtsanwalt beweispflichtig.

2. Getrennte Räumungs- und Zahlungsklagen gegen einen Mieter können pflichtwidrig sein mit der Rechtsfolge, dass dem Rechtsanwalt des Vermieters gegen seinen Auftraggeber nur die Vergütung aus dem fiktiven Streitwert eines einheitlichen Verfahrens zusteht. Zur Gebührenberechnung in einem derartigen Fall.

3. Ein nicht postulationsfähiger Anwalt erhält für die gleichwohl wahrgenommene mündliche Verhandlung keine Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO.

4. Vollstreckungstitel muss ein Rechtsanwalt seinem Mandanten herausgeben. Erweist sich ein derartiges, im Rahmen einer Stufenklage erhobenes Herausgabeverlangen mangels Konkretisierung der Titel als unbegründet, ist die Herausgabeklage nicht abweisungsreif, wenn eine das Auskunftsbegehren erschöpfende gerichtliche Entscheidung noch aussteht.

 

Normenkette

BRAGO § 3 Abs. 1 S. 2, § Abs. 5, § 31 Abs. 1 Nr. 2, § 52; BRAO § 49b; BGB §§ 260-261, 276, 667, 675, 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt; ZPO § 254

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 28.05.2003; Aktenzeichen 3 O 15/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Mainz vom 28.5.2003 aufgehoben und wie folgt neu entschieden:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.606,64 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.7.2000 zu zahlen.

Der weiter gehende Zahlungsantrag des Klägers wird abgewiesen. Soweit der Kläger den Zahlungsantrag für erledigt erklärt hat, wird die Klage ebenfalls abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Außerdem wird der Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Zusammenstellung der in seinen Händen befindlichen Vollstreckungstitel gegen T.T., Inhaber der Firma T., zu übergeben.

3. Der Antrag des Klägers auf Rechnungslegung über die Zahlungen T.T. auf die gegen diesen erwirkten Titel ist erledigt.

4. Die Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Titelherausgabe und die Kostenentscheidung bleiben dem LG vorbehalten.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte, der in Mainz anwaltlich tätig ist, war mit der Interessenvertretung des Klägers als Eigentümer eines Mietshauses in Frankfurt am Main befasst. Das geschah insb. mit Blickrichtung auf den Mieter T.T., der in dem Gebäude ein Ladengeschäft betrieb. Der Beklagte kündigte 1999 das Mietverhältnis und ließ dann sogleich beim LG Frankfurt über den dort zugelassenen Rechtsanwalt K. in getrennten Verfahren einen Räumungs- und einen Mietzahlungsrechtsstreit führen. Dabei übernahm er selbst die Stellung eines Korrespondenzanwalts. Jeweils durch Versäumnisentscheidungen ergingen noch 1999 ein Räumungsurteil und Zahlungsteilurteile über 28.188 DM sowie 21.692 DM. Anfang 2000 wurde der Zahlungsprozess durch ein streitiges Schlussurteil über 13.913,87 DM beendet. Zu dieser Zeit hatte T. vor dem LG Frankfurt bereits Vollstreckungsabwehrklagen gegen die beiden 1999 erlassenen Zahlungsurteile erhoben. Die Rechtsverteidigung des Klägers nahm jeweils Rechtsanwalt K. wahr; der Beklagte war wiederum als Korrespondenzanwalt tätig.

Über die Zwangsvollstreckung der gegen T. erwirkten Zahlungstitel hinaus war der Beklagte auch bestrebt, gegen diesen nicht titulierte Schadensersatzforderungen durchzusetzen. Des Weiteren verhandelte er 1999 mit dem Mieter F.-E. GmbH und wirkte darauf hin, dass dieser einen Untermietvertrag schloss.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger den Beklagten i.H.v. 7.440,12 DM auf Erstattung geleisteten Anwaltshonorars in Anspruch genommen, weil er insoweit von einer Überzahlung ausgeht. Eine weitere Rückforderung von 1.128,22 DM hat er ebenso für erledigt erklärt wie das Begehren, dass ihm der Beklagte Rechnung lege, welche Zahlungen T. auf die erstrittenen Titel erbracht habe. Zusätzlich hat der Kläger eine Aufstellung der beim Beklagten vorhandenen Titel gegen T. und deren Herausgabe verlangt. Das LG, auf dessen Urteil zur näheren Darstellung des Sachverhalts Bezug zu nehmen ist, hat dem entsprochen. Den Widerklageantrag des Beklagten, der unter Einbeziehung von Ansprüchen des Rechtsanwalts K. aus seiner Sicht noch offene Gebührenforderungen von 12.748,41 DM geltend gemacht hat, hat es abgewiesen.

Das greift der Beklagte in Erneuerung seines Begehrens mit der Berufung an. Er rügt sowohl die rechtliche Würdigung des LG als auch dessen Verfahrensweise.

II. Das Rechtsmittel des Beklagten ist weithin ohne Erfolg. Das Rückforderungsrecht, dass das LG dem Kläger gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB i.H.v. 3.804,07 Euro zuerkann...

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