Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung und Höhe des Unterhaltsanspruchs nach § 1615l BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1615 I Abs. 2 BGB vor der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine hinreichend sichere Prognose für die Annahme besteht, dass die Billigkeitsvoraussetzungen für einen verlängerten Anspruch nach § 1615 I Abs. 2 S. 4 BGB vorliegen.

2. Wegen der Anknüpfung an das frühere Einkommen der Mutter kann der Unterhaltsanspruch nach § 1615 I BGB den Anspruch der verheirateten Mutter auf Zahlung von Betreuungsunterhalt übersteigen.

 

Normenkette

BGB § 1615l

 

Verfahrensgang

AG Trier (Urteil vom 24.09.2008; Aktenzeichen 9 F 31/08)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Trier vom 24.9.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Dar Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten, die lediglich noch die Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt nach § 1615l Abs. 2 BGB für die Zeit ab Juni 2010 angreift, ist unbegründet.

Eine Befristung der Unterhaltspflicht bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes der Parteien, also bis einschließlich Mai 2010, kommt nicht in Betracht. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin besteht auch für die folgende Zeit jedenfalls i.H.v. 300 EUR.

I. Eine zeitliche Begrenzung der Unterhaltspflicht des Beklagten scheidet aus. Nach § 1615l Abs. 2 S. 3-5 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung besteht die Unterhaltspflicht ggü. der Mutter für mindestens 3 Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, so lange und so weit dies der Billigkeit entspricht. Bei der Entscheidung sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1615l Abs. 2 BGB sind die Regelungen über den Betreuungsunterhalt der nicht verheirateten Mutter und den nacheheliche Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) weitgehend angeglichen worden. Nach der früheren Rechtslage kam eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts der nicht verheirateten Mutter nur in Fällen der groben Unbilligkeit in Betracht. Die Neuregelung wurde erforderlich, weil Art. 6 Abs. 5 GG eine gleiche Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts bei der Betreuung und Erziehung nichtehelich oder ehelich geborener Kinder verlangt, soweit die Betreuung durch einen Elternteil aus kindbezogenen Gründen erforderlich ist. Eine Differenzierung zwischen dem Wohl ehelich oder außerehelich geborener Kinder ist verfassungswidrig (BGH, FamRZ 2008, 1739 ff.; BVerfG FamRZ 2007, 965 ff.).

Die Darlegungs- und Beweislast für die Verlängerung der Unterhaltspflicht trägt nach der Systematik des Gesetzes der Anspruchsteller, also die Unterhalt begehrende Mutter (Wendl/Staudigl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 7 Rz. 22; BGH, FamRZ 2008, 1739 ff.; Peschel-Gutzeit, FPR 2008, 24 ff., 27). Sie muss darlegen und beweisen, dass es ihr wegen fehlender Betreuungsmöglichkeiten nicht möglich ist, neben der eigenen Betreuung des Kindes vollschichtig erwerbstätig zu sein. Ebenso muss derjenige, der Betreuungsunterhalt fordert, kindbezogene und ggf. elternbezogene Verlängerungsgründe dartun.

Die Frage, ob bei einer gerichtlichen Entscheidung über den Unterhalt nach § 1615l Abs. 2 BGB vor der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes eine Befristung vorzunehmen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird eine zeitliche Begrenzung mit der Begründung abgelehnt, im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung seien die Umstände, die für eine Verlängerung der Unterhaltspflicht zu berücksichtigen seien, noch nicht hinreichend erkennbar (Borth, Unterhaltsrechtsänderungsgesetz, Rz. 364, 83; s. a.: Peschel-Gutzeit, Unterhaltsrecht aktuell, § 8 Rz. 31). Nach Ansicht von Dose ist der Unterhalt dann unbefristet zuzusprechen, wenn ein teilweiser oder völliger Wegfall des Anspruchs noch nicht sicher prognostiziert werden kann (Dose, JA 2009, 1 ff. 5). Wie im Rahmen der Rechtsprechung zum früheren Betreuungsunterhalt müsse die Ungewissheit über die genaue Höhe und Dauer des künftigen Betreuungsunterhalts hinter der schon im Zeitpunkt der ersten Entscheidung absehbaren Fortdauer des Unterhaltsanspruchs dem Grunde nach zurückstehen. Nach der dritten Auffassung ist eine Befristung vorzunehmen, wenn nicht im Zeitpunkt der Entscheidung positiv festgestellt werden kann, dass die Billigkeitsvoraussetzungen für einen verlängerten Anspruch nach § 1615l Abs. 2 S. 4 BGB vorliegen, wobei eine hinreichend sichere Prognose ausreichen soll (OLG Bremen, FamRZ 2008, 1281; Peschel-Gutzeit, FPR 08, 24 ff., 27; s. a.: Schilling, FPR 08, 27 ff., 30; Weil, FamRB 2009, 51 ff.). Der Unterhalt begehrenden Mutter können dabei Erleichterungen bei der Darlegungs- und Beweisführung zuzubilligen sein (OLG Bremen, a.a.O.).

Die Streitfrage bedarf vorliegend keiner abschließende...

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