Leitsatz (amtlich)

1. Im Anwaltsprozess kann eine Verzögerungsrüge nach §§ 198 ff. GVG nur durch den bevollmächtigten Anwalt erhoben werden.

2. Im Entschädigungsverfahren nach §§ 198 ff. GVG muss der Kläger konkrete Tatsachen vortragen, die eine überlange Verfahrensdauer aus seiner Sicht begründen. Der bloße Verweis auf die Akten des Ausgangsverfahrens oder die reine Benennung einer Jahreszahl (Dauer des Verfahrens) genügen nicht den Anforderungen an die Darlegungslast im Zivilverfahren.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger führt seit dem Jahre 2009 ein Verfahren vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Trier mit dem dortigen Az. F gegen seine getrennt lebende Ehefrau. Es handelt sich um ein Scheidungsverfahren.

Der Kläger trägt vor:

Eine Verfahrensdauer von 8 Jahren für ein Scheidungsverfahren sei als unangemessen lang anzusehen. Es sei zu vermuten, dass die äußerst lange Verfahrensdauer auch aus den zahlreichen Richterwechseln resultiere.

Er beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung gemäß § 198 Abs. 2 GVG zu zahlen, mindestens jedoch einen Betrag von 2.400,00 EUR.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt zur Begründung vor:

Eine wirksame Verzögerungsrüge sei nicht erhoben, da diese von dem Kläger persönlich stamme und nicht von einem Rechtsanwalt erhoben worden sei. Zudem läge auch keine unangemessene Verfahrensdauer vor. Eine derartige unangemessene Verfahrensdauer sei bereits nicht substantiiert vom Kläger dargelegt worden. Ein entsprechender Sachvortrag fehle. Zudem seien in diesem amtsgerichtlichen Verfahren mehrere Sachverhaltsfragen zu klären gewesen (u.a. Wert der Briefmarken-Vermögensauseinandersetzung zwischen den zu scheidenden Ehegatten).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter zur Akte gereichten Unterlagen verwiesen. Von der weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird abgesehen, § 313 a Abs. 1 ZPO.

II. Die Klage bleibt ohne Erfolg und ist abzuweisen. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 19.7.2018 ausführlich auch gegenüber dem Kläger persönlich darlegt, scheitert seine Klage bereits daran, dass er mit seinem Schreiben vom 29.9.2015 (Bl. 21 d.A.) die formellen Voraussetzungen für eine wirksame Verzögerungsrüge nach §§ 198 ff. GVG nicht eingehalten hat. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13, NJW 2016, 2018 ff.) hat insoweit festgelegt:

"Die Verzögerungsrüge kann schriftlich oder mündlich und im Anwaltsprozess nur durch den bevollmächtigten Anwalt erhoben werden. Das Vorhandensein einer entsprechenden Rüge ist von Amts wegen zu prüfen."

In dem vorliegenden, vom Kläger betriebenen Scheidungsverfahren ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt zwingend, § 114 FamFG. Damit scheitert die Klage bereits aus formellen Gründen.

Weiter ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Zivilverfahren, gerichtet auf Zahlung einer Entschädigung den Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass eine überlange Verfahrensdauer vorliegt. Insoweit liegt, was von Beklagtenseite ausdrücklich gerügt wurde, kein konkreter Vortrag vor. Allein die Benennung einer Jahreszahl für die Dauer eines Verfahrens ist bei weitem nicht ausreichend als Beleg für die Behauptung, dass es sich um ein überlanges Verfahren handelt. Die Länge eines Verfahrens kann von zahlreichen, auch vom Gericht nicht steuerbaren Faktoren abhängen. So führt der Kläger im vorliegenden Fall selbst aus, dass es wohl massive Probleme bei der Feststellung des Anfangs- bzw. Endbestandes seines Briefmarkenbestandes (als Briefmarkenhändler) gegeben hat und insoweit es zu klärungsbedürftigen Fragestellungen kam. Dem Kläger hätte es oblegen darzutun, welche Verfahrensschritte verzögerlich bearbeitet wurden, welche "Stillstandszeiten" es gab und inwieweit die von ihm dann konkret behauptete Verzögerung auf ein Verhalten des Gerichts zurückzuführen gewesen wäre. Der bloße Verweis auf die familienrichterliche Akte kann einen schlüssigen und konkreten Vortrag zu der Überlange eines Verfahrens nicht ersetzen. Auch aus diesem Grunde scheitert seine Klage.

Nach allem war die Klage aus den vorgenannten Gründen abzuweisen und der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.

Der Anspruch zur Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die gesetzlich vorgesehenen Revisionsgründe nicht gegeben sind. Die das Urteil tragenden Gründe sind bereits mehrfach durch den Bundesgerichtshof geklärt und die formellen Voraussetzungen für eine ausreichende Rüge wurden in der oben zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nochmals bestätigt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12132353

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