Verfahrensgang

Vergabekammer Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen VK 2 - 34/11)

 

Tenor

Der Antrag der Beschwerdegegnerin auf Änderung des im Senatsbeschluss vom 4. April 2012 festgesetzten Gegenstandswerts wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Gegenstand des Vergabeverfahrens waren Gebäudereinigungsleistungen an 26 Schulen und dem Verwaltungsgebäude des Landkreises N.. Die Gesamtleistung, die Grundreinigung, Unterhaltsreinigung und Glasreinigung umfasst, war in 5 Gebietslose aufgeteilt. Der Vertrag sollte eine Laufzeit von drei Jahren haben, optional war eine Verlängerung um bis zu zwei Jahren vorgesehen. Den Gesamtwert der Glasreinigungsarbeiten hatte der Auftraggeber auf ca. 57.000 € pro Jahr geschätzt, während er für die übrigen Arbeiten jährliche Kosten von ca. 775.000 € angesetzt hatte.

Die Antragstellerin (Beschwerdegegnerin), die nur an der Glasreinigung interessiert ist, hatte mit ihrem Nachprüfungsantrag - mit Erfolg - beanstandet, dass kein entsprechendes Fachlos ausgeschrieben worden war.

In der am 4. April 2012 verkündeten, das Nachprüfungsverfahren abschließenden Beschwerdeentscheidung hat der Senat, ausgehend von den geschätzten Kosten für die Glasreinigung, den Beschwerdewert auf 14.250 € festgesetzt.

Unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Karlsruhe vom 8. Juni 2011 (15 Verg3/11) regt die Antragstellerin nunmehr die Änderung des Gegenstandswerts an (§ 63 Abs. 3 GKG). Sie ist der Auffassung, es komme nicht auf den Wert der (Teil-)Leistung an, an der der Antragsteller interessiert sei, sondern auf den der insgesamt angegriffenen Ausschreibung zugrunde liegenden Gesamtauftragswert.

2. Für die von der Antragstellerin angestrebte Erhöhung des Gegenstandswertes besteht kein Anlass.

a) Soweit die Antragstellerin ausführt, die bloße Berücksichtigung der Kosten für die Glasreinigung hätte zur Folge haben müssen, dass das Nachprüfungsverfahren wegen Nichterreichens des Schwellenwerts unzulässig gewesen wäre, ist anzumerken, dass sich zum einen bei einer Laufzeit von 5 Jahren (einschließlich Optionen) ein Wert von mindestens 285.000 € errechnet und es zum anderen für den für die Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB maßgeblichen Auftragswert auch dann auf den Gesamtwert ankommt, wenn in einem Nachprüfungsverfahren nur über eine Teilleistung gestritten wird (§ 3 Abs. 7 VgV). Der Gegenstandswert nach § 50 Abs. 2 GKG und der Auftragswert im Sinne der VgV können, müssen aber nicht identisch sein.

b) Der Senat teilt nicht die vom OLG Karlsruhe vertretene Auffassung, es komme immer auf den Wert der Gesamtleistung an, wenn der Antragsteller faktisch die Aufhebung der vorhandenen Ausschreibung und eine Neuausschreibung anstrebe, auch wenn sein Interesse am Auftrag hinter dem Gesamtwert zurückbleibe. Dies ist mit Sinn und Zweck des § 50 Abs. 2 GKG nicht zu vereinbaren. Der Regelung liegt, wie der Vorgängernorm des § 12a GKG, die mit 5% pauschalierte Gewinnerwartung des Antragstellers zugrunde (BT-Drs. 13/9340, S. 23). Dementsprechend kommt es nicht darauf an, was der Antragsteller angreift, sondern was seinwirtschaftliches Ziel ist. Strebt er an, dass die Gesamtleistung losweise oder mit einem anderen Loszuschnitt vergeben wird, bemisst sich deshalb der Gegenstandwert nach dem Wert der Teilleistung,an deren Erbringung er interessiert ist (BGH v. 19.07.2011 - X ZB 4/10 - NZBau 2011, 629; OLG Düsseldorf v. 27.02.2012 - VII-Verg 45/10 - juris; OLG Düsseldorf v. 22.11.2010 - VII-Verg 55/09 - VergabeR 2011, 649).

3. Der Senat ist befugt, diese Entscheidung ohne Vorlage gemäß § 124 Abs. 2 GWB zu treffen. Dabei kann dahinstehen, ob diese Norm überhaupt bei Streitwertfestsetzungen Anwendung findet. Eine Vorlage ist jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil der Bundesgerichtshof die entscheidungsrelevante Rechtsfrage erst in jüngerer Zeit so wie der Senat und entgegen dem OLG Karlsruhe entscheiden hat (BGH v. 30.10.1997 - 4 StR 24/97-BGHSt 43, 277 zu § 121 Abs. 2 GVG). Zwar liegt dessen Beschluss vom 19.Juli 2011 insoweit ein abweichender Sachverhalt zugrunde, als damals eine sog. De-facto-Vergabe angegriffen worden war. Trotzdem lautet der vom Bundesgerichtshof aufgestellte Rechtssatz unabhängig vom konkreten Sachverhalt, dass sich der Gegenstandswert nach dem konkreten Interesse des Antragstellers am (künftigen) Auftrag richtet und dieses nicht mit dem Gesamtauftragswert gleichzusetzen ist, wenn er erklärtermaßen nur eine Teilleistung erbringen will.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3740308

ZfBR 2012, 727

VS 2012, 47

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