Leitsatz (amtlich)

Führt ein Antragsteller ein Gerichtsverfahren nach infolge Vorhandenseins einsetzbaren Vermögens versagter Verfahrenskostenhilfe ohne sachlichen Grund nicht weiter, sondern wartet zu, bis er zur Verfahrensfinanzierung - sei es durch Ausgabe des Vermögens, sie es durch zwischenzeitlich eingetretenen vorhersehbaren Wertverlust - ggfls. nicht mehr in der Lage ist, hat der Antragsteller eine mögliche nunmehr bestehende verfahrenskostenhilferechtliche Bedürftigkeit vorwerfbar herbeigeführt.

 

Normenkette

FamFG § 113 Abs. 1; SGB XII § 90; ZPO §§ 114, 115 Abs. 3

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Linz am Rhein vom 30.10.2018 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, über welche der Senat nach Übertragung durch den Einzelrichter in seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung entscheidet, ist auch sonst zulässig, insbesondere gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 567 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg, da das Familiengericht die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe für das vorliegende Scheidungsverfahren zu Recht versagt hat.

Die Antragstellerin hat sich ihrer Mittel zur Finanzierung des Scheidungsverfahrens vorwerfbar begeben.

Die Antragstellerin hatte bereits im Jahr 2016 die Scheidung von ihrem Ehemann, dem Antragsgegner, angestrebt (Az. des Familiengerichts: 10 F 39/16). Die damals hierfür begehrte Verfahrenskostenhilfe wurde ihr mit Senatsbeschluss vom 14.03.2017 endgültig versagt. Der Senat hatte die Antragstellerin nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 ZPO als verpflichtet angesehen, einen seinerzeit in ihrem Eigentum stehenden Pkw mit einem Verkehrswert von ca. 15.000 EUR zu verwerten, ihren Bedarf nach einem Fahrzeug - u.a. für Fahrten mit ihrem Kleinkind - aus dem Verwertungserlös durch Anschaffung eines preisgünstigeren Wagens zu decken und somit den Verwertungsüberschuss nach Abzug des Schonvermögensfreibetrags zur Begleichung der Kosten des Scheidungsverfahrens einzusetzen.

In der Folgezeit hat die Antragstellerin die aufgezeigte Vorgehensweise nicht verfolgt, sondern das Scheidungsverfahren nicht weiter betrieben. Das Verfahren wurde weggelegt. Anfang 2018 hat sie den vorgenannten Pkw im Rahmen des Erwerbs eines Gebrauchtwagens zum Preis von 13.800 EUR in gleicher Höhe in Zahlung gegeben. Sodann hat die Antragstellerin erneut die Scheidung von ihrem Ehemann eingereicht, verbunden mit einem zunächst gestellten Antrag auf Verfahrenskostenhilfe. Den Wert des jetzt ihr gehörigen Pkw gibt sie dabei mit ca. 9.000 EUR an. Ein höherer Verkaufserlös für den zum Zeitpunkt ihres erstmaligen Verfahrenskostenhilfeantrags in ihrem Eigentum stehenden Pkw sei demgegenüber angesichts des zwischenzeitlich eingetretenen Wertverlusts nicht erzielbar gewesen. Maßgeblich seien indes die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse. Ihre derzeitigen Schulden seien auch höher als der Fahrzeugwert.

Unter Zugrundelegung dieses Sachverhalts hat das Familiengericht der Antragstellerin zu Recht die Verfahrenskostenhilfe versagt.

Die Antragstellerin konnte im Jahr 2016/2017 das bereits damals eingereichte Scheidungsverfahren aus eigener Kraft i.S.v. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 ZPO finanzieren. Wenn sie dies nicht tut, sondern zuwartet, bis sie hierzu - sei es durch Ausgabe ihres Vermögens, sie es durch zwischenzeitlich eingetretenen vorhersehbaren Wertverlust - ggfls. nicht mehr in der Lage ist, hat die Antragstellerin eine mögliche verfahrenskostenhilferechtliche Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum die Antragstellerin das Scheidungsverfahren nicht 2016/2017 weitergeführt hat, sondern dies erst jetzt tut, nachdem sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtert haben. Indem sie ihren ursprünglichen Pkw nicht - wie nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 ZPO erforderlich - bereits damals verkauft hat, hat die Antragstellerin eine eventuell jetzt gegebene verfahrenskostenhilferechtliche Bedürftigkeit selbst vorwerfbar herbeigeführt. In diesem Fall ist ausnahmsweise nicht auf die aktuelle wirtschaftliche Situation abzustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 12569372

FamRZ 2019, 815

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