Leitsatz (amtlich)

Der Vergütungsanspruch des im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts richtet sich nach dem Beschluss, durch den Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist; dieser entfaltet für das Kostenfestsetzungsverfahren Bindungswirkung (Festhaltung an Senatsbeschluss vom 19.5.2014 - 13 WF 369/14).

Der Bewilligungsbeschluss ist dabei zum Zwecke der Ermittlung seiner Reichweite nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Infolge der Anwaltsbeiordnung darf dabei die Rechtskundigkeit des beigeordneten Rechtsanwalts nicht unberücksichtigt bleiben. Danach liegt seit der Neufassung des § 48 Abs. 3 RVG außerhalb dessen Regelungsbereichs nicht mehr die Auslegung nahe, dass mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe alle mit dem Mehrvergleichsabschluss im Zusammenhang stehenden Gebühren von dem Bewilligungsbeschluss umfasst seien (Festhaltung an Senatsbeschluss vom 19.5.2014 - 13 WF 369/14; Anschluss an: OLG Köln (12. ZivS.) MDR 2012, 1293 und OLG Celle FamRZ 2011, 835; entgegen: OLG Koblenz (14. ZivS.) FamRZ 2006, 1691 und OLG Köln (25. ZivS.) AGS 2013, 350).

Wird in einem Trennungsunterhaltsverfahren auch der nacheheliche Unterhalt vergleichsweise geregelt, ist aus Sicht eines objektiven Adressaten im Zweifel nicht davon auszugehen, dass eine nach Vergleichsabschluss erfolgte Verfahrenskostenhilfebewilligung nicht auch die infolge des Mehrvergleichs anfallende Differenzverfahrensgebühr und Terminsgebühr umfasst (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 19.5.2014 - 13 WF 369/14).

 

Normenkette

RVG § 48; FamFG § § 76 f., § 77; ZPO §§ 114 ff.

 

Verfahrensgang

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Beschluss vom 26.08.2014)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellervertreters wird der Beschluss des AG Familiengerichts Bad Neuenahr- Ahrweiler vom 26.8.2014 abgeändert.

Auf die Erinnerung des Antragstellervertreters wird die Kostenfestsetzung des AG Familiengerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler abgeändert. Die dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten werden auf 1.618, 40 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Zwischen den beteiligten Eheleuten war vor dem AG - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler ein Trennungsunterhaltsverfahren anhängig, das im Termin am 6.6.2014 durch gerichtlichen Vergleich beendet wurde. Im Vergleich verpflichtete sich der Antragsgegner zur Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. laufend 500 EUR bis zur Rechtskraft der Scheidung und 4 Monate darüber hinaus. Für die Zeit ab 5 Monat nach Rechtskraft der Scheidung verzichteten die Beteiligten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt. Der Verfahrenswert wurde vom Familiengericht mit 10.608 EUR für das Verfahren und ebenfalls 10.608 EUR für den Vergleich festgesetzt, sowie auf 2.400 EUR für den "Mehrvergleich" im Trennungsunterhaltsverfahren und dem analog geführten eA Verfahren zum Trennungsunterhalt.

Durch Beschluss vom 17.6.2014 (im Hinblick auf die Ratenhöhe modifiziert durch Beschluss vom 30.6.2014) bewilligte das AG "für den ersten Rechtszug mit Wirkung ab 8.5.2014 Verfahrenskostenhilfe".

Der der Antragstellerin beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte beantragte, aus der Staatskasse zu erstattende Kosten i.H.v. 1.618,40 EUR festzusetzen. Darin enthalten waren u.a. eine Differenzverfahrensgebühr und eine Terminsgebühr jeweils aus dem vollen Vergleichswert (10.608 EUR + 2.400 EUR = 13.008 EUR).

Die Rechtspflegerin setzte die Vergütung auf 1.576,75 EUR fest. Die hiergegen eingelegte Erinnerung - soweit die Differenz Verfahrens- und Terminsgebühr zzgl. Umsatzsteuer abgesetzt worden seien - wies das AG durch Beschluss vom 26.8.2014 zurück, weil die (Differenz-) Verfahrens- und Terminsgebühr nicht von der Verfahrenskostenhilfebewilligung erfasst seien.

Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Beschwerde.

II. Die nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Gemäß §§ 45 ff. RVG sind die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 1.618,40 EUR festzusetzen, weil sich die vorliegende Verfahrenskostenhilfebewilligung im konkreten Falle in Bezug auf den Wert des Mehrvergleichs auch die Erstattung einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr umfasst.

1. In welchem Umfang einem beigeordneten Rechtsanwalt bei Abschluss eines Mehrvergleichs eine Vergütung gegen die Staatskasse zusteht, ist umstritten (vgl. den Meinungsstand zusammenfassend OLG Bamberg FamRZ 2011, 1605 und OLG Köln AGS 2013, 350 und OLG Koblenz (Senat) 13 WF 369/14). Der Senat hat sich durch Beschl. v. 19.5.2014 - 13 WF 369/14 - umfassend hierzu geäußert. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von den dort niedergelegten Grundsätzen - insbesondere im Hinblick auf die Reichweite von § 48 Abs. 3 RVG - abzuweichen.

a. Nach § 48 Abs. 1 RVG richtet sich der Vergütungsanspruch des im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts nach der Entscheidung, durch die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet wurde. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts...

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