Leitsatz (amtlich)

1. Steuererstattungen oder -nachzahlungen aus vor der Trennung liegenden Zeiten gemeinsamer Veranlagung der Ehegatten sind nach der Trennung grundsätzlich nach der Steuerlast im Falle einer fiktiven Einzelveranlagung auszugleichen (Anschluss an BGH FamRZ 2002, 1024).

2. Aus dem Wesen der Ehe folgt auch nach der Trennung regelmäßig die Verpflichtung in eine vom anderen Ehegatten für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen (Anschluss an BGH FamRZ 2005, 182 m.w.Nw. und BGH FamRZ 2007, 1229). Eine Verweigerung kann zur Schadenersatzpflicht führen.

3. Nach Scheitern der Ehe kann ein Ehegatte grundsätzlich nicht den Mehrbetrag, den er zuvor wegen der Besteuerung seines Einkommens nach der ungünstigeren Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung geleistet hat, von dem anderen Ehegatten ersetzt verlangen. Das gilt jedenfalls bis zur Trennung. Aus diesem Grund kann die Zustimmung zur Zusammenveranlagung für Zeiten des ehelichen Zusammenlebens regelmäßig auch nicht von einem Ausgleich der dem bislang die ungünstigere Lohnsteuerklasse V innehabenden Ehegatten im Falle der gemeinsamen Veranlagung verbleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden (Anschluss an BGH FamRZ 2007, 1229 mit Verweis auf BGH FamRZ 2002, 1024 sowie BGH NJW 2010, 1879 unter Tz. 17 und auch OLG Koblenz [7. ZivS.] FamRZ 2018, 1493; a.A. noch: OLG Hamm FamRZ 1990, 291).

4. Auch nach dem Steuervereinfachungsgesetz vom 01.11.2011 besteht die Wahlmöglichkeit der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten gemäß einer Verständigung der Steuerbehörden auf Bund-Länder-Ebene bis zum dem Zeitpunkt, zu welchem der letzte Einzelveranlagungsbescheid gegenüber einem Ehegatten bestandkräftig geworden ist (Festhaltung an Senat FamRZ 2016, 2013).

 

Normenkette

BGB § 426; EStG § 1353 Abs. 1; BGB § 270 AO; AO § 26; EStG § 26a EStG, § 26b

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lahnstein vom 10.10.2018 wird dieser in Ziff. 1 und 2 seines Tenors teilweise abgeändert und insoweit insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.398,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.01.2018 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin wird darüber hinaus verpflichtet, an den Antragsteller vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 201,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 26.01.2018 zu zahlen.

Der weitergehende Antrag wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Antragsteller zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller mit Ausnahme der Mehrkosten der Beweisaufnahme, welche der Antragsteller zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4 tragen.

III. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.881,52 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind seit 17.06.2016 getrennt lebende Eheleute. Sie streiten über einen vom Antragsteller im Zusammenhang mit der steuerlichen Veranlagung für die Jahre 2014 und 2015 geltend gemachten Gesamtschuldnerausgleich bzw. Schadenersatz nebst Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Während des Zusammenlebens hatten die Ehegatten vereinbarungsgemäß den Antragsteller aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und die Antragsgegnerin nach Steuerklasse V versteuern lassen. Mit Bescheid vom 27.12.2017 wurde der Antragsteller für den Veranlagungszeitraum 2015 auf eine Nachzahlung von 2.796,12 EUR in Anspruch genommen (Bl. 9 d.A.). Für das Jahr 2014 war zuvor am 06.02.2017 ein Zusammenveranlagungsbescheid ergangen. Dieser endete unter Anrechnung einer bereits getilgten Nachforderung über insgesamt 182,96 EUR mit einer verbleibenden Forderung von 0,00 EUR (Bl. 14 d.A.).

Der Antragsteller hat vor dem Familiengericht die Auffassung vertreten, er sei für den Veranlagungszeitraum 2014 zu einer Nachzahlung von 966,85 EUR verpflichtet worden. Hiervon wie auch von der den Veranlagungszeitraum 2015 betreffenden Nachzahlung schulde die Antragsgegnerin ihm als Gesamtschuldnerin der Steuerschuld und ungeachtet dessen auch im Wege des Schadenersatzes hälftigen Ausgleich. Er sei den festgesetzten Zahlungsverpflichtungen nachgekommen. Da die Antragsgegnerin sich einer gemeinsamen Veranlagung für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 entgegen ihrer als Ehegattin nach § 1353 Abs. 1 BGB bestehenden Verpflichtung widersetzt und durch ihre Einzelveranlagung Steuererstattungen erhalten habe, sei es zu den vorgenannten Nachzahlungsverpflichtungen gekommen. Frau S. vom Lohnsteuerhilfeverein könne bestätigen, dass die Antragsgegnerin sich auf mehrfache Bitte geweigert habe, die gemeinsamen Einkommensteuerklärungen für 2014 und 2015 zu unterschreiben.

Die Antragsgegnerin hat das erstinstanzliche Vorbringen des Antragstellers als widersprüchlich und u.a. aufgrund einer familienrechtlichen Überlagerung s...

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