Leitsatz (amtlich)

Kein nachträglicher Ausgleich unter Eheleuten bzw. vormaligen Eheleuten wegen einer steuerlichen Veranlagung nach Steuerklassen III und V für Zeiträume des ehelichen Zusammenlebens.

Führt der bislang nach Steuerklasse V besteuerte Ehegatte einseitig einen Aufteilungsbescheid herbei, nach dem das Finanzamt von dem anderen Ehegatten nachträglich eine Steuerzahlung gemäß Steuerklasse IV fordert, kann letztgenanntem Ehegatten gegen den erstgenannten ein Freistellungs- bzw. Zahlungsanspruch zustehen.

 

Normenkette

AO §§ 268, 279; BGB §§ 426, 1353

 

Verfahrensgang

AG Montabaur

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Montabaur vom 12.12.2017 aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht - Familiengericht - zur erneuten Entscheidung über die beantragte Verfahrenskostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückgegeben.

 

Gründe

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstande sofortige Beschwerde hat in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Das Amtsgericht hätte dem Antragsteller aufgrund dessen bisherigen Vorbringens die beantragte Verfahrenskostenhilfe nicht wegen mangelnder Erfolgsaussicht versagen dürfen. Unerheblich ist insoweit, ob die vom Finanzamt vom Antragsteller geforderte Steuernachzahlung für 2015 zu Recht erfolgt ist oder nicht. Nach dem Vorbringen des Antragstellers hat das Finanzamt nämlich zwischenzeitlich durch Steuerbescheid vom 07.07.2017 einen Betrag in Höhe von 2.889 EUR gefordert.

Der Veranlagungszeitraum - 2015 - betrifft nach dem Vorbringen des Antragstellers einen Zeitraum, in dem die Beteiligten noch in ehelicher Lebensgemeinschaft zusammen gelebt haben. Während des Zusammenlebens ergibt sich für beide Eheleute die aus dem Wesen der Ehe und aus § 1353 Abs. 1 BGB abzuleitende Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teil zu minimieren, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (BGH, FamRZ 2007, 1229; Palandt, BGB, 77 Aufl., § 1353 BGB, Rn. 12,12a m.w.N.). Demzufolge haben die Beteiligten während der intakten Ehe entsprechend einer zuvor getroffenen Vereinbarung auch ihre Einkünfte jeweils nach den Steuerklassen 3 und 5 versteuert, um dadurch monatlich mehr bare Mittel zur gemeinsamen Verwendung zu haben, als dies bei einer Steuerklassenwahl 4 und 4 der Fall gewesen wäre. Dabei haben die Beteiligten bewusst in Kauf genommen, dass das wesentlich höhere Einkommen des Antragstellers relativ gering und das niedrigere Einkommen der Antragsgegnerin vergleichsweise hoch besteuert wird. Nach dem Vorbringen des Antragstellers besteht kein Anlass anzunehmen, dass sie ohne die Trennung an dieser Übung nicht festgehalten hätten.

Eine nachträgliche, einseitige und rückwirkende Änderung dieser Vereinbarung kommt nicht in Betracht. Insbesondere kann ein Ehegatte nicht wegen des Scheitern der Ehe den Mehrbetrag, den dieser wegen der Besteuerung des Einkommens nach der Steuerklasse 5 im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung geleistet hatte, vom anderen Ehepartner ersetzt verlangen. Der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt nämlich die Auffassung zugrunde, mit dem erzielten Einkommen der Ehegatten gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen (BGH, a.a.O. Rn. 16, 17).

Mit Rücksicht darauf hat mithin für die Zeit bis zur Trennung keine Korrektur der von der Antragsgegnerin getragenen steuerlichen Belastung zu erfolgen. Es hat bei der damaligen Besteuerung einschließlich einer gemeinsamen Veranlagung zu verbleiben, da keine Rechtsgrundlage für einen Ausgleich besteht.

Nach dem Vorbringen des Antragstellers führt allerdings der Aufteilungsbescheid im Ergebnis zu einer derartigen anderen Verteilung, da der Antragsteller nach seinem Vorbringen verpflichtet ist, den Betrag von 2.889,00 EUR an das Finanzamt zu zahlen. Dem Freistellungs- bzw. Zahlungsantrag kann daher nach dem bisherigen Vorbringen eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.

Nachdem das Amtsgericht der Antragsgegnerin bislang kein rechtliches Gehör gewährt hat, hat dies das Amtsgericht in eigener Zuständigkeit vor einer abschließenden Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag nachzuholen. Zudem hat sich das Amtsgericht bislang noch nicht mit den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers auseinandergesetzt.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11805652

FamRZ 2018, 1493

FuR 2019, 357

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