Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertbeschwerde zum OLG trotz Ende des Instanzenzuges beim LG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Streitwertbeschwerde, deren Erfolg zu einer finanziellen Mehrbelastung der vertretenen Partei führen würde, ist als Rechtsmittel des Prozessbevollmächtigten auszulegen.

2. Die zweitinstanzliche Streitwertfestsetzung des LG kann selbst dann mit der Beschwerde zum OLG angefochten werden, wenn der Instanzenzug der Hauptsache wegen § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO beim LG endet.

 

Normenkette

GKG § 66 Abs. 3 S. 2, § 68; ZPO §§ 511, 542 Abs. 2 S. 1, §§ 935, 940; BGB §§ 133, 157; RVG § 32 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 18.12.2007; Aktenzeichen 6 S 3/07)

AG Worms (Aktenzeichen 1 C 262/06)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen die Streitwertbemessung im Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Mainz vom 18.12.2007 wird zurückgewiesen.

II. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Parteien haben das beim AG begonnene Verfahren der einstweiligen Verfügung in zweiter Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt. Demzufolge hat das Berufungsgericht nur noch über die Kosten des Rechtsstreits entschieden und dabei den Gegenstandswert auf (lediglich) 2.000 EUR bemessen. Dagegen richtet sich die Beschwerde, die eine Streitwertfestsetzung auf 40.000 EUR erstrebt.

Die gebotene Auslegung (§§ 133, 157 BGB) ergibt, dass die Streitwertbeschwerde nicht namens und in Vollmacht des Beklagten eingelegt wurde. Er ist mit den gesamten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens belastet. Da die Festsetzung des Streitwertes hier ganz offenkundig für beide Instanzen nur einheitlich erfolgen kann, würde ein Erfolg der Beschwerde zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung des Beklagten führen. Daraus erschließt sich, dass der Prozessbe- vollmächtigte des Beklagten die Beschwerde aus eigenem Recht eingelegt hat. Das Rechtsmittel ist nach Maßgabe des § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG statthaft.

Nach Auffassung des Senats ist es auch zulässig, landgerichtliche Streitwertfestsetzungen in einem Berufungs- verfahren mit einer Beschwerde zum OLG anzufechten.

Ob in Verfahren, deren Instanzenzug in der Hauptsache beim LG endet, gleichwohl in Nebenpunkten (Streitwert- festsetzung, Kostenansatzbeschwerde etc.) ein Rechtsmittel zum OLG eröffnet ist, wird allerdings in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert:

Das OLG Celle (OLGReport Celle 2006, 191 = AGS 2006, 245) verneint die Statthaftigkeit einer solchen Beschwerde mit der Begründung, nächsthöheres Gericht i.S.d. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG, der im vorliegenden Fall über § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG anzuwenden ist, sei das im Instanzenzug zur Entscheidung in der Hauptsache berufene Gericht. Das ist in einem gewöhnlichen Berufungsverfahren des LG (allerdings nur im Falle der Zulassung der Revision) der BGH. Da § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG jedoch ein Rechtsmittel zum BGH ausschließt, folgert das OLG Celle daraus, dass eine Beschwerde insgesamt unzulässig sei. Unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des OLG Celle ergäbe sich im vorliegenden Fall die Unzulässigkeit jedweden Rechtsmittels aber auch daraus, dass es sich um ein Verfahren der einstweiligen Verfügung handelt, in dem auch durch eine Zulassung der Revision (oder Rechtsbeschwerde) die zwingende Vorschrift des § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht ausgehebelt werden kann (vgl. BGH NJW 2003, 1531).

Demgegenüber vertritt ein anderer Zivilsenat des OLG Celle (OLGReport Celle 2006, 270) die Auffassung, nächsthöheres Gericht im Sinne der genannten Vorschrift sei das in der Gerichtsorganisation übergeordnete Gericht, mithin das OLG. Ansonsten laufe die erkennbare gesetz- geberische Intention ins Leere.

Die zuletzt dargelegte Auffassung hält der erkennende Senat für zutreffend (ebenso Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, 2005, § 66 Rz. 89; Meyer, GKG, 7. Aufl., § 68 Rz. 1; Onderka in AGS 2006, 246, 247; a.A. anscheinend Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 66 GKG Rz. 42). Würde man als nächsthöheres Gericht i.S.d. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG das im Instanzenzug zur Entscheidung in der Hauptsache berufene Gericht ansehen, wäre dies im Streitfall der BGH (bei Rechtsmittelzulassung - § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Da jedoch § 66 Abs. 3 GKG bestimmt, dass eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet, scheidet eine Vorlage dort aus. Das hätte zur Folge, dass eine Beschwerde in diesen Fällen insgesamt unzulässig wäre. In der Begründung zum Regierungsentwurf des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718) ist jedoch zu § 66 GKG (BR-Drucks. 830/03,187) ausgeführt, dass eine Anbindung an den Instanzenzug der Hauptsache nicht (Hervorhebung durch den Senat) zwingend geboten erscheine, da sich das Beschwerdegericht ausschließ- lich mit kostenrechtlichen Fragen zu befassen habe. Um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu fördern, solle - anders als im bis dahin geltenden Recht - die Beschwerde auch dann zulässig sein, wenn die Kosten bei dem Rechtsmittelgericht a...

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