Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Kostenerstattungspflicht bei Teilidentität von Beweissicherung und Hauptsache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lässt der Bauherr und spätere Beklagte zuvor in einem selbständigen Beweisverfahren neben Baumängeln auch Schäden feststellen, die der Bauunternehmer am Eigentum des Auftraggebers verursacht hat, können die dadurch verursachten anteiligen Kosten der Beweissicherung nicht als Kosten des nachfolgenden Rechtsstreits festgesetzt werden, wenn dort nur die Baumängel Streitgegenstand waren.

2. Wegen der nicht in der Hauptsache festzusetzenden anteiligen Kosten der Beweissicherung kommt eine Kostenentscheidung zu Gunsten des Antragstellers der Beweissicherung in entspr. Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO oder §§ 91 ff ZPO in Betracht – Ergänzung zu OLG München v. 25.4.2001 – 28 W 1086/01, OLGReport München 2001, 188 ff. [190] = MDR 2001, 1011 ff. [1012] = NJW-RR 2001, 1580 ff. [1582] = BauR 2001, 1947 ff. [1950].

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 13.06.2003; Aktenzeichen 4 O 458/02)

 

Tenor

Die nach dem Urteil des LG Mainz vom 12.11.2002 von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten werden auf 1.865,31 Euro nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2002 festgesetzt.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 5/12 und der Beklagte 7/12 zu tragen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens (Wert 1.797 Euro) trägt die Klägerin nach einem Wert von 730 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die Klägerin führte für den Beklagten Werkarbeiten durch. Sie beanspruchte von dem Beklagten die Zahlung von Restwerklohn i.H.v. ursprünglich 17.493,99 DM. Über die Verpflichtung zur Zahlung restlichen Werklohns verhält sich das Urteil des LG Mainz vom 12.11.2002 (Bl. 167–174 d.A.). Dieses Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Klägerin ihr Rechtsmittel zurückgenommen hat (Bl. 205 GA).

Nach dem Urteil des LG hat die Klägerin 5/6 und der Beklagte 1/6 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

In diesem Verfahren hat der Beklagte im Wesentlichen Baumängel eingewandt. Die Einwendung i.H.v. 1.000 DM wegen beschädigter Bäume ist nachher nicht weiterverfolgt worden (Bl. 48, 63 GA) und auch nicht Gegenstand des Urteils des LG gewesen. Dem Hauptsacheverfahren war auf Antrag des Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren vorausgegangen, welches die Baumängel und die Schäden an den Bäumen klären sollte. Die Kosten des Bausachverständigen belaufen sich auf 3.659,80 DM und die Kosten des Sachverständigen, der die Bäume begutachtet hat, auf 2.414,90 DM. Weiterhin sind entstanden 102,50 DM an Gebühren nach Nr. 1610 Anlage zum GKG.

Die Rechtspflegerin hat antragsgemäß (Bl. 211, 212 GA) zu Lasten der Klägerin die gesamten Kosten des Beweissicherungsverfahrens in die Kostenausgleichung einbezogen. Dagegen (Bl. 238–241 GA) richtet sich die Beschwerde der Klägerin, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat (Bl. 254, 255 GA).

Die Klägerin ist der Auffassung, aus der Unterschiedlichkeit der Parteienrolle folge schon, dass die Kosten des Beweissicherungsverfahrens nicht in die Kosten des Hauptsacheverfahrens nach der dort getroffenen Kostenquote einzubeziehen seien. Auch seien die Streitgegenstände nicht identisch (vgl. insb. Bl. 243–245 GA).

2. Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist teilweise begründet.

Die für die Ermittlung der Baumschäden aufgewendeten Kosten des Sachverständigen H. sind im Rahmen der Kostenausgleichung nicht zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind die Gerichtskosten i.H.v. 102,50 DM anteilig umzulegen.

a) Hinsichtlich der für die Ermittlung der Baumängel aufgewendeten Kosten des Sachverständigen K. ist eine Identität des Streitgegenstands zwischen dem vorausgegangenen selbständigen Beweisverfahren und dem Hauptsacheverfahren gegeben.

Der Begriff des Streitgegenstandes ist nicht im technisch-prozessualen Sinne zu verstehen. So ist es unerheblich, wenn der Antragsteller die behaupteten Mängel, die er im Wege der Beweissicherung klären lässt, nicht zum Gegenstand einer Klage macht, sondern gegen den vom Antragsgegner erhobenen Anspruch einwendet. Maßgeblich ist, mit welcher Zielrichtung das Beweisverfahren betrieben wurde, ob diese einen eindeutigen Bezug zu dem zu erwartenden Prozess aufwies, zu dem es dann gekommen ist. Ein solcher Prozessbezug ist anzunehmen, wenn das Hauptsacheverfahren eine konsequente Fortführung des Beweisverfahrens darstellt (OLG Koblenz v. 27.1.2003 – 14 W 15/03, OLGReport Koblenz 2003, 214 = MDR 2003, 718).

Der prozessuale Bezug ist hier zum Teil gegeben, denn der Beklagte hat im selbständigen Beweisverfahren Bauwerksmängel klären lassen, um diese dann gewährleistungsrechtlich dem Werklohnanspruch der Klägerin entgegenzusetzen. Auf die Baumängel ist auch das landgerichtliche Hauptsacheverfahren zugeschnitten gewesen, wobei es in Bezug auf die Frage der Identität des Streitgegenstands nicht darauf ankommt, ob das LG weiteren Beweis erhoben hat.

b) Die Klärung der Schäden...

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