Normenkette

ZPO §§ 91, 485, 494a

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 1 O 129/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Mainz vom 14.11.2002 geändert:

Nach dem bei dem LG Mainz am 11.10.2001 geschlossenen Vergleich werden die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 664,24 Euro (1.299,15 DM) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.9.2002 (Antragstellung) festgesetzt.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 664,24 Euro) hat der Beklagte zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin (Pächterin eines Grundstückes) hat gegen den Beklagten (Unterpächter) ein Beweisverfahren eingeleitet mit dem Ziel, den Zustand einer Halle sowie die Kosten für deren Renovierung und die Instandsetzung von Glasflächen sachverständig festzustellen. Der Gegenstandswert für diesen Antrag ist festgesetzt auf 61.096,41 DM (LG Mainz, Beschl. v. 5.3.2001 – 1 OH 42/00).

Das im Verfahren eingeholte Gutachten verhält sich – mangels Sachkunde des Sachverständigen i.Ü. – nur über die Renovierungskosten, die mit 36.406,51 DM beziffert wurden. Die Klägerin ist im Beweisverfahren mit Kosten i.H.v. 2.210,80 DM für das Gutachten und 387,50 DM für das Gericht belastet worden.

Im Verfahren hier hat die Klägerin 60.000 DM gegen den Beklagten eingeklagt und dazu vorgetragen, im Hinblick auf die Mängel der Halle – Glasschaden laut Kostenvoranschlag 24.689,90 DM und Renovierungskosten nach Gutachten im Beweisverfahren 36.406,51 DM – habe sie sich im Zuge der Rückgabe des Grundstückes mit der Eigentümerin auf eine Minderung von 60.000 DM verständigt, die ihr der Beklagte zu ersetzen habe. Der Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt.

Die Parteien haben sodann im Termin vom 11.10.2001 einen Vergleich geschlossen, mit dem sich der Beklagte zur Zahlung von 30.000 DM verpflichtet hat. Die Kosten des Rechtsstreits haben sie gegeneinander aufgehoben. Den Antrag der Klägerin vom 3.9.2002, die Kosten für Gericht und Gutachten im Beweisverfahren zu 1/2 gegen den Beklagten festzusetzen, hat die Rechtspflegerin mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.11.2002 abgelehnt mit der Begründung, es fehle an einer Identität der Streitgegenstände von Beweisverfahren und Hauptverfahren.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig und hat Erfolg.

Nach der Legaldefinition des § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO fallen bei Kostenaufhebung die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. Nur wegen gerichtlicher – nicht außergerichtlicher – Kosten kommt daher eine Erstattung in Betracht. Das bedeutet, dass dem Antrag der Klägerin entsprochen werden muss, wenn und soweit die Kosten des Beweisverfahrens gerichtliche Kosten des Hauptverfahrens sind.

1. Der Senat hat für das frühere Beweissicherungsverfahren mit der damals herrschenden Auffassung entschieden, dass die Sachverständigen- und Gerichtskosten „Prozessvorbereitungskosten” seien, mithin außergerichtliche Kosten des Hauptsacheprozesses (OLG Koblenz JurBüro 1980, 553; v. 17.12.1986 – 14 W 946/86, DAR 1987, 379). Er hat diese Auffassung teilweise, jedenfalls für den Fall einer vereinbarten Kostenaufhebung im Hauptverfahren aufgegeben und für diese spezielle Fallgestaltung eine Kostenerstattung zugelassen (OLG Koblenz JurBüro 1990, 59; v. 13.7.1993 – 14 W 451/93).

Für das 1991 neu gestaltete „Selbständige Beweisverfahren”, das viel stärker in den nachfolgenden oder sogar parallel verlaufenden Hauptsacheprozess eingebunden ist, schließt sich der Senat nun ausdrücklich der überwiegenden Auffassung an, wonach die Gerichts- und Sachverständigenkosten des Beweisverfahrens generell als gerichtliche Kosten des Hauptsacheprozesses zu behandeln sind. Die enge Verknüpfung der Beweiserhebung mit der Hauptsache – vgl. §§ 485 Abs. 1, 486 Abs. 1, 493 Abs. 1 ZPO; § 37 Nr. 3 BRAGO – rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung nicht mehr (OLG Karlsruhe v. 10.4.1996 – 13 W 57/96, RPfleger 1996, 375; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rz. 13, „Selbständiges Beweisverfahren”). Da diese Auffassung noch immer umstritten ist und die Festsetzung hiervon abhängt, lässt der Senat die Rechtsbeschwerde zu (§ 574 Abs. 2 Nr. 2. ZPO).

2. Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin sind die der Klägerin in dem Beweisverfahren erwachsenen Kosten auch solche des Hauptverfahrens. Nicht nur die Parteien, sondern auch die „Streitgegenstände” der beiden Verfahren sind identisch. Der Begriff des Streitgegenstandes ist nicht im technisch prozessualen Sinne zu verstehen. So ist es z.B. unerheblich, wenn der Antragsteller die behaupteten Mängel, die er im Wege der Beweissicherung klären lässt, nicht zum Gegenstand einer Klage macht, sondern gegen den vom Antragsgegner erhobenen Anspruch einwendet (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rz. 13, „Selbständiges Beweisverfahren”; OLG Koblenz v. 18.10.2001 – 14 W 660/01 und ständig, OLG Hamm v. 28.12.1999 – 21 W 34/98, MDR 2000, 790). Maßgeblich erscheint dem Senat, mit w...

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