Verfahrensgang

AG Sinzig (Entscheidung vom 09.03.2020)

 

Tenor

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts - Bußgeldrichterin - Sinzig vom 9. März 2020 wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

 

Gründe

[...] Allerdings genügt der Antrag nicht den besonderen Formanforderungen gemäß §§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 StPO.

Der Begründungsschriftsatz enthält keinen ausdrücklichen Antrag, wie er gemäß §§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 1 StPO erforderlich ist. Auch fehlt es jedenfalls ausdrücklich an der gemäß §§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 1 StPO erforderlichen Erklärung, ob gegen das Urteil die Verfahrens- oder die Sachrüge erhoben werden soll. Das Fehlen dieser Anträge ist indes unschädlich, wenn das Ziel des Rechtsmittels aus dem Inhalt der Rechtsmittelschrift

oder aus dem Gang des bisherigen Verfahrens eindeutig hervorgeht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. § 344 Rn. 2 mwN.). Ein unklares Angriffsziel kann zudem durch Auslegung ermittelt werden (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO. Rn. 11). Ausweislich der Begründung des Zulassungsantrags wendet sich der Betroffene ausschließlich gegen die Ablehnung seines Antrages, die digitalen Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Messdaten der gesamten Messeserie, die Statistikdatei zur Messserie, die Wartung- und Instandsetzungsnachweise des Messgerätes seit der letzten Eichung sowie die Eichnachweise seit der ersten Inbetriebnahme und den "Public Key" des Messgerätes zur Verfügung gestellt zu bekommen, sowie gegen die angeblich unterlassene Aushändigung der Gebrauchsanweisung des Messgerätes. Damit greift der Betroffene ersichtlich ausschließlich verfahrensrechtliche Gesichtspunkte auf. Erkennbare Zielrichtung seines Zulassungsantrags ist mithin die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs und mithin von Rechtsnormen über das Verfahren.

Auch im Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist indes die zulässige Erhebung der Verfahrensrüge an die formalen Anforderungen gemäß §§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 1 StPO gebunden (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 1 OWi 6 SsBs 235/19 v. 2. März 2020). Bei der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs handelt es sich um eine Verfahrensrüge, die der Formvorschrift der §§ 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen muss (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 1 Ss 337/06 v. 17. November 2006; BayObLG, Beschl. 3 ObOWi 42/96 v. 15. April 1996 - Rn. 5 f. n. juris; OLG Hamm, Beschl. 2 Ss OWi 1021/98 v. 11. September 1998 - Rn. 6 f. n. juris). Das Vorbringen muss mithin so vollständig sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen zutrifft. Bei der Rüge der unberechtigten Ablehnung eines Beweisantrages bedarf es zudem der inhaltlichen Wiedergabe des Antrags (Beweistatsache und Beweismittel) und der Mitteilung des gerichtlichen Ablehnungsbeschlusses (OLG Brandenburg, Beschl. (1 Z) 53 Ss-OWi 107/19 (84/19) v. 29. März 2019 - BeckRS 2019, 5999 Rn. 1).

Diesen Anforderungen wird der Beschwerdevortrag nicht gerecht. Weder der genaue Inhalt des Antrags noch der gerichtliche Ablehnungsbeschluss werden in der Begründung des Zulassungsantrags mitgeteilt. Zudem fehlt jeder Vortrag zu dem zu erwartenden Beweisergebnis, welches weder konkret bezeichnet noch bestimmt behauptet wird und es wird auch nicht vorgetragen, welche Umstände zur Aufklärung drängten (vgl. BayObLG, Beschl. 201 ObOWi 291/20 v. 6. April 2020 - juris).

Daher kann das Rechtsbeschwerdegericht nicht ohne Rückgriff auf den übrigen Akteninhalt überprüfen, ob das rechtliche Gehör verletzt wurde.

Zwar ist grundsätzlich ein Rechtsmittel so zu deuten, dass der erstrebte Erfolg möglichst erreichbar ist (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO. § 300 Rn. 3). So kann auch im Falle einer unzulässigen Verfahrensrüge gegebenenfalls aus dem Gesamtzusammenhang die Erhebung einer Sachrüge hergeleitet werden (OLG Koblenz, Beschl. 1 OWi 6 SsBs 235/19 v. 2. März 2020). Dies scheitert vorliegend allerdings an der diesbezüglich vorzunehmenden Gesamtschau des Rechtsmittelziels. Bereits im Schriftsatz seines Verteidigers vom 21. Februar 2020 hat der Betroffene erklärt, es gehe ihm ausschließlich um die Rechtsfrage, ob sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt ist, wenn eine Überprüfung der Rohmessdaten etc. nicht ermöglicht wird bzw. möglich ist. Dieses Rechtsschutzziel hat der Betroffene nochmals dadurch bestätigt, dass er in seiner Replik vom 3. Juli 2020 auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz vom 8. Juni 2020 die von der Generalstaatsanwaltschaft geäußerte Auffassung, es werde ausschließlich eine Verfahrensrüge erhoben, bestätigt hat. Damit kann eine - möglicherweise die Zulässigkeit des Zulassungsantrags herbeiführende - Auslegung des Rechtsmittels in eine Sachrüge nicht erfolgen, da eine solche dem ausdrücklich mehrfach formulierte...

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