Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat hält daran fest, dass § 1 Abs. 1 S. 1 LJVwKostG iVm. Nr. 1401 KV JVKostG keine taugliche Grundlage für die Erhebung einer Auskunftsgebühr in Höhe von 15 EUR darstellt, wenn auf ein Auskunftsersuchen nach §§ 13, 357 FamFG mitgeteilt wird, dass kein Nachlassvorgang vorhanden ist (Bestätigung Senat v. 22.06.2016, 14 W 295/16).

2. Ein nach §§ 13, 357 FamFG gestelltes Auskunftsersuchen kann nicht in einen Justizverwaltungsakt umgedeutet werden. Die Frage, ob ein Justizverwaltungsakt vorliegt ist funktional zu bestimmen (BGH NJW 1989, 587), so dass kein Justizverwaltungsakt vorliegt, wenn ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit angerufen und in diesem Rahmen tätig geworden ist.

 

Normenkette

JVKostG §§ 1, 22; GKG § 66; KVJVKostG Nr. 1401; LJVwKostG RLP § 1; FamFG §§ 13, 357

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 24.01.2017; Aktenzeichen 2 T 45/17)

AG Andernach (Beschluss vom 22.12.2016; Aktenzeichen 11 AR 87/16)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 07.02. 2017 werden der Beschluss des LG Koblenz vom 24.01.2017 (2 T 45/17) in Form der Nichtabhilfeentscheidung vom 09.02.2017 sowie der Beschluss des AG Andernach vom 22.12.2016 (11 AR 87/16) sowie die Kostenansatzrechnung vom 21.10.2016 (KaZ/ReZ 0816223109165) aufgehoben.

2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin einer titulierten Forderung gegen die verstorbene Schuldnerin ersuchte am 18.10.2016 das AG Andernach - Nachlassgericht - um Auskunft über den Erbfall und die Feststellung und Benennung der Erben sowie die Übersendung der hierauf bezogenen Unterlagen (Bl. 1 GA). Hierauf wurde ihr ausweislich der Verfügung in den Akten vom 19.10.2016 mitgeteilt, dass kein Nachlassvorgang habe ermittelt werden können (Bl. 5 GA). Am 21.10.2016 wurde mit der angegriffenen Kostenansatzrechnung eine Gebühr von 15 EUR nach Nr. 1401 JVKostG erhoben (Bl. I GA).

Dagegen wandte sich die Gläubigerin unter Hinweis auf den Beschluss des Senates vom 22.06.2016, 14 W 295/16 dahin, dass das JVKostG nicht anwendbar sei und keine taugliche Grundlage für den Kostenansatz bilde.

Die Vertreterin der Staatskasse ist dem unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Ministeriums der Justiz vom 25.7.2016 und die dortige Weisung, bei nächster Gelegenheit eine erneute Befassung des Senates herbeizuführen, entgegengetreten. Da kein Nachlassvorgang vorhanden sei, handele es sich nicht um eine gerichtliche Auskunft, sondern um eine solche in einer Justizverwaltungsangelegenheit. Nach dem LJVwKostG sei das JVKostG des Bundes in vollem Umfang anwendbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme (Bl. 8 GA) vom 09.11.2016 sowie das ihr beigefügte Schreiben des Ministerums der Justiz (Bl. 10 GA) verwiesen.

Das AG hat die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Kostenansatz unter Verweis auf die vorbezeichnete Stellungnahme zurückgewiesen, gleichzeitig aber die Beschwerde zugelassen (Bl. 20 GA). Die hiergegen gerichtete Beschwerde, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat, wies das LG in Kammerbesetzung unter Wiederholung der Argumentation der Bezirksrevisorin zurück (Bl. 33 GA). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LG die weitere Beschwerde nach § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG iVm. § 66 Abs. 4 S. 1 GK zugelassen, die die Beschwerdeführerin unter Wiederholung ihres Vortrages erhoben hat.

II. Die weitere Beschwerde ist nach § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG iVm. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG statthaft, da das LG sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat. Sie ist auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg. § 1 Abs. 1 S. 1 LJVwKostG iVm. Nr. 1401 KV JVKostG stellt keine taugliche Grundlage für die angesetzte Auskunftsgebühr in Höhe von 15 EUR dar. Der Senat hält an seiner Sicht im Beschluss vom 22.06.2016, 14 W 295/16 fest.

a.) Die Anwendung der Norm setzt voraus, dass es sich um einen Justizverwaltungsakt gehandelt hat, indem das AG auf das Ersuchen des Gläubigers geantwortet hat, dass die erbetenen Informationen nicht erteilt und die verlangten Unterlagen nicht übersandt werden können, weil kein Nachlassvorgang vorliege.

Anders als die Bezirksrevisorin unter Berufung auf ein Schreiben des Ministeriums für Justiz meint, ist die Frage, ob ein Justizverwaltungsakt vorliegt, nicht "objektiv", sondern funktional zu bestimmen. Es liegt danach im konkreten Fall kein Justizverwaltungsakt vor. Der BGH hat schon am 15.11.1988 (IVa AZR (VZ) 5/88 = NJW 1989, 587) ausgesprochen, dass die Frage, ob ein Justizverwaltungsakt vorliegt, "funktional" zu bestimmen ist (Rz. 24 - zitiert nach juris; ebenso BVerwGE 69, 192; Zöller-Lückemann, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 23 EGGVG Rn. 2). Der BGH lässt keine Zweifel, dass kein Justizverwaltungsakt vorliegt, wenn das Gericht in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig geworden ist (BGH a.a.O. Rz. 25 - zitiert nach juris).

Es ist also zu fragen, in welchem Verfahren das AG - Nachlassgericht - im konkreten Fall tätig geworden ist. Das wiede...

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