Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein umfassender Kostenerstattungsanspruch für BGB - Gesellschafter mit unterschiedlichen Prozessbevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Erstattungsanspruch von Streitgenossen mit erkennbar gleichgerichtetem Interesse und Prozesskonzept kann auf die Kosten beschränkt sein, die bei Vertretung durch einen gemeinsamen Anwalt entstanden wären.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 100; RVG §§ 6-7; BGB § 675

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 02.06.2010; Aktenzeichen 15 O 400/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der zwischen der Klägerin und den Beklagten ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 2.6.2010 aufgehoben und die Sache - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das LG Koblenz zurückverwiesen.

 

Gründe

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG. Die Kostenausgleichung im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten ist unter Beachtung der nachfolgenden Erwägungen neu vorzunehmen.

Das LG hat den fünf Beklagten eine individuelle Prozessvertretung durch jeweils einen Anwalt zugebilligt und auf dieser Grundlage eine Kostenerstattungspflicht der Klägerin nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO bejaht. Das wird den Gegebenheiten nicht gerecht.

Es ist anerkannt, dass mehrere Streitgenossen aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus gehalten sein können, einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten einzusetzen, wenn ein interner Interessenwiderstreit zwischen ihnen nicht zu ersehen ist und deshalb das Bedürfnis dafür fehlt, einen eigenen Anwalt zu beauftragen (BGH NJW 2007, 2257; OLG Karlsruhe MDR 2000, 235; OLG Naumburg, Beschl. v. 16.10.2001 - 13 W 187/01 - und Rpfleger 2005, 482). Dabei lässt sich ein beachtlichter Konflikt noch nicht daraus herleiten, dass - wie von Beklagtenseite geltend gemacht worden ist - der Ausgang des Prozesses Regressansprüche zwischen den Streitgenossen nach sich ziehen kann, weil derartige Ansprüche nicht Gegenstand des zu führenden Rechtsstreits, sondern eine bloße Folgewirkung sind (BGH NJW 2007, 2257). Mandatieren die Streitgenossen gleichwohl jeweils getrennt einen Prozessvertreter, müssen sie sich so behandeln lassen, als wäre dies nicht geschehen.

So liegen die Dinge grundsätzlich auch hier. Die Beklagten waren in einer Sozietät verbunden und sind den Ansprüchen des Klägers in der Sache gleichgerichtet entgegen getreten. Eine Divergenz ergab sich nur insoweit, als der Einwand im Raum stand, die Schadensverantwortlichkeit treffe allenfalls den Beklagten zu 4. und nicht darüber hinaus auch die Beklagten zu 1., zu 2., zu 3. und zu 5., weil lediglich jener, nicht aber die Sozietät als Ganzes für die Klägerin tätig gewesen sei (vgl. LGU S. 5 = Bl. 536 GA).

Im Hinblick darauf hatte allein der Beklagte zu 4. hinreichenden Anlass, sich eines eigenen Prozessvertreters zu bedienen. Dagegen oblag es den Beklagten zu 1., zu 2., zu 3. und zu 5., zusammen einen Anwalt zu bestellen. Das begrenzt ihre Erstattungsansprüche ggü. der Klägerin auf die Kosten, die sie dann unter Berücksichtigung von Nr. 1008 RVG-VV anteilig für diesen Anwalt hätten tragen müssen.

Der Beschwerdewert beträgt 2.380,76 EUR. Das entspricht 53 % der Differenz zwischen einerseits fünf Verfahrensgebühren gem. Nr. 3100 RVG-VV (= 7.299,50 EUR) und andererseits der Summe aus einer Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 RVG-VV sowie vier Erhöhungsgebühren nach Nr. 1008 RVG-VV (= 2.807,50 EUR), die bei der von der Klägerin angemahnten einheitlichen Prozessvertretung aller fünf Beklagter angefallen wären; Bezugsgröße ist jeweils ein Streitwert von 63.354,25 EUR.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2381876

JurBüro 2010, 599

MDR 2010, 1158

ErbR 2010, 352

GuT 2010, 248

AG/KOMPAKT 2010, 104

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