Normenkette

ZPO §§ 104, 269, 306, 485, 494a Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 1 HO 70/01)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 7.11. 2002 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert beträgt 6.575,78 Euro.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Beklagte war Antragstellerin eines selbstständigen Beweisverfahrens (3 H 3/98 AG Diez). Dort ist geklärt worden, dass Metallbauarbeiten der Klägerin mangelhaft sind.

Mit der Klage hat die Klägerin etwas mehr als 40.000 DM Werklohn für diese Metallbauarbeiten verlangt. Die Beklagte hat sich auf fehlende Abnahme und ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Mängel gestützt. Später hat sie die Aufrechnung mit Gegenforderungen erklärt. Die fachgerechte Mangelbeseitigung koste über 60.000 DM (Bl. 74 GA).

Die Klägerin hat daraufhin die Klage unter Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch zurückgenommenen. Das LG hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO).

Die Beklagte hat sodann auch die Festsetzung ihrer im selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten beantragt. Diese Festsetzung hat der Rechtspfleger abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Kosten der Beweissicherung würden von der Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO nicht erfasst.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Nach Auffassung des Senats hat der Rechtspfleger richtig entschieden. Die Frage, ob die Kosten einer Beweissicherung auf der Grundlage einer Kostenentscheidung nach § 269 ZPO festgesetzt werden können, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegend verneint (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 22.4.2002 – 17 W 103/02, MDR 2002, 1391 und Beschl. v. 24.1.1994 – 17 W 229/93, BauR 1994, 411; OLG München, Beschl. v. 6.4.1999 – 11 W 1200/99, MDR 1999, 893; KG Berlin JurBüro 1979, 1068; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.9.1994 – 9 W 150/94, SchlHA 1995, 51–52 = JurBüro 1995, 36 = AGS 1995, 104; OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.9.1994 – 2 W 86/94, OLGReport Oldenburg 1994, 327; KG Berlin, Beschl. v. 23.7.1991 – 1 W 6067/90, AnwBl BE 1992, 84; OLG München, Beschl. v. 11.11.1986 – 11 W 2216/86, MDR 1987, 151; OLG Schleswig, Beschl. v. 24.10.1990 – 9 W 220/90, SchlHA 1991, 65 = JurBüro 1991, 588).

Das OLG Hamburg differenziert:

In seinem Beschluss vom 20.2.2002, 11 W 2/02, OLGReport Hamburg 2002, 229 = BauR 2002, 1283–1284 = MDR 2002, 1093–1094 vertritt es die Ansicht, dass die Kostenentscheidung nach § 269 ZPO grundsätzlich auch die Kosten der Beweissicherung erfasst. Etwas anderes soll aber gelten, wenn zu erwarten ist, dass das Ergebnis der Beweissicherung in einem anderen zwischen den Parteien geführten Prozess entscheidungserheblich sein wird.

Für den Fall der Klagerücknahme unter Verzicht auf den Klageanspruch hat der 8. Zivilsenat des OLG Hamburg in seinem Beschl. v. 23.4.1998 – 8 W 137/97, MDR 1998, 1124 entschieden, dass die Kosten der Beweissicherung von der Kostenentscheidung nach § 269 ZPO erfasst seien, weil die Möglichkeit eines erneuten Verfahrens über denselben Streitgegenstand ausgeschlossen erscheine.

Der erk. Senat hat in seinem Beschl. v. 5.7.1989 – 14 W 388/89 die Auffassung vertreten, dass der Kostenausspruch nach einer Klagerücknahme nicht die vor Anhängigkeit entstandenen Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens erfasst. Das soll auch dann gelten, wenn der Kläger – wie im vorliegenden Fall – auf eine erneute Klageerhebung ausdrücklich verzichtet hat (vgl. OLG Koblenz v. 13.6.1989 – 2 RU 32/88, JurBüro 1990, 1007–1008 = VersR 1990, 1135).

Dagegen vertreten das OLG Celle (Beschl. v. 22.2.1984 – 8 W 123/84, JurBüro 1984, 1581), das OLG Stuttgart (Justiz 1988, 26–27 = RPfleger 1988, 117–118) und das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 23.9.1996 – 12 W 42/96, BauR 1997, 349–352 = BauR 1996, 907) die Ansicht, der Kostenausspruch nach Klagerücknahme erfasse auch die Kosten eines den Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens betreffenden Beweisverfahrens. Das OLG Stuttgart hat dabei seine ältere, gegenläufige Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (vgl. Beschl. v. 3.7.1980 – 8 W 1/80, Justiz 80, 385 = JurBüro 80, 1890).

Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Bei einer Kostenentscheidung nach Klagerücknahme fehlt eine sachbezogeneabschließende Entscheidung, weil der Kläger im Allgemeinen erneut Klage erheben kann. Die Kosten der Beweissicherung sind dann unter Umständen ausschließlich dem neuen Rechtsstreit zuzuordnen. Richtig ist zwar, dass diese Möglichkeit im vorliegenden Fall ausscheidet, weil die Klagerücknahme mit einem Verzicht auf die Klageforderung verbunden war. Auch in einem derartigen Fall eröffnet der Kostenausspruch nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aber nicht die Möglichkeit der Kostenausgrenzung nach § 96 ZPO. Der Rechtsstreit wird kraft Gesetzes als nicht anhängig geworden ...

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