rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

§ 11 RPflG eröffnet die. sofortige Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse. Der Rechtspfleger ist nach wie vor befugt, dem Rechtsbehelf gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss selbst abzuhelfen (Anschluss an OLG Stuttgart Rpfleger 1998, 509 = NJW 1999, 368; OLG München MDR 1999, 58; OLG Zweibrücken 7 W 5/99; a. A. OLG Zweibrücken 2 W 15/98).

 

Normenkette

RPflG § 11 Abs. 1-2; ZPO § 104 Abs. 3, § 577 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 10 O 39/98)

 

Tenor

Die Sache wird an das Landgericht Koblenz zur Herbeiführung einer Abhilfeentscheidung durch den Rechtspfleger zurückgegeben.

 

Gründe

Der Senat kann über das – fristgemäß eingelegte – Rechtsmittel des Beklagten zu 1) derzeit nicht befinden, weil es an einer Abhilfeentscheidung des Rechtspflegers fehlt. Diese Entscheidung ist daher nachzuholen.

Der Senat gibt seine im Beschluss vom 5.11.1998 incidenter geäußerte Ansicht, nach der Neufassung des § 11 Abs. 1 RPflG sei im Regelfall eine Abhilfebefugnis des Rechtspflegers bei Kostenbeschwerden in Kostenfestsetzungssachen ausgeschlossen, auf.

Das Rechtspflegergesetz in der Fassung vom 6.8.1998 bestimmt in § 111:

Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

104 Abs. 3 Satz 1 ZPO eröffnet in Kostenfestsetzungssachen die sofortige Beschwerde. Damit wäre nach § 577 Abs. 3 ZPO die Abhilfebefugnis des Gerichts erster Instanz (funktionell besetzt mit dem Rechtspfleger) ausgeschlossen.

Da dieser neue Gesetzesstand eine einschneidende Änderung der Rechtslage mit erheblichen neuen Arbeitsbelastungen nicht nur für die Rechtsmittelgerichte, sondern auch für den erstinstanzlich zuständigen Rechtspfleger zur Folge hätte (erheblich intensiveres rechtliches Gehör bereits vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses), ist zu fragen, ob der Gesetzgeber das bewusst gewollt hat und welches Ergebnis eine der dritten Gewalt (Richter, Rechtspfleger) aufgegebene Auslegung der Gesetzes- und Rechtslage hat (näher dazu Vosskuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, Verlag Beck 1993 § 4 B 2 S. 61 ff., „Funktionsverschränkungen zu Lasten der Legislative”; ferner zur Gesetzesauslegung: Palandt BGB 58. Aufl. Einf. Rn. 34 ff. vor § 1).

1. Wortauslegung

Die sprachliche Auslegung des Gesetzes legt das Ergebnis nahe, dass eine Abhilfebefugnis des Rechtspflegers bei Kostenfestsetzungsbeschwerden wie bei allen richterlichen Entscheidungen, die der sofortigen Beschwerde unterliegen, nicht gegeben ist.

2. Normzusammenhang

Untersucht man den Normzusammenhang, so sind jedoch bereits erhebliche Zweifel begründet. Denn § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 RPflG gebietet dem Rechtspfleger die Abhilfeentscheidung in den Fällen, in denen ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. Das sind Kostenfestsetzungsbeschwerden (vom Gesetz dann Erinnerungen genannt), wenn die Beschwer nicht über 100 DM liegt. Über diese fristgebundene(!)sofortige Erinnerung entscheidet zwar der Richter, hier bleibt aber die Selbstkorrekturmöglichkeit des Rechtspflegers erhalten. Die dazu (§ 11 Abs. 2) gegebene Gesetzesbegründung sagt sogar – wahrscheinlich sprachlich unüberlegt –: „Der Rechtspfleger soll künftig immer die Möglichkeit haben, der Erinnerung abzuhelfen, nicht nur in den Fällen der Festsetzungsverfahren nach dem § 21 Nr. 1 und 2 (Ds 56/98 S. 10). Mit „immer” ist nach dem Begründungszusammenhang zunächst nur der Fall des nicht gegebenen Rechtsmittels (Kleinfall unter 100 DM) gemeint (das folgt aus dem zitierten Richtervorbehalt), aber die Erwähnung des § 21 Nr. 1 und 2 (also alle Kostenfestsetzungsverfahren) könnte eventuell mehr aussagen, mindestens einen Irrtum des Gesetzgebers offenbaren, wie im Rahmen der Gesetzesmotive noch zu erörtern sein wird.

Aus der Gesetzesbegründung des Jahres 1998 ist angesichts der Erwähnung des § 21 Abs. 1 und 2 auch nicht ersichtlich, ob der Gesetzgeber sich bewusst war, dass die langjährige besondere und von der Sache geforderte Abhilfebefugnis des § 21 Abs. 2 Satz 2 RPflG a.F. bereits im Jahre 1990 wortgleich in den § 11 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz RPflG übernommen worden ist. Auch zur Notwendigkeit oder Motivation für die Aufhebung des § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG sagt die Gesetzesbegründung nichts.

3. Entstehungsgeschichte

Forscht man in der Entstehungsgeschichte weiter, so spricht die soeben erörterte Begründung des Sonderfalles (Beschwer bis 100 DM) eher für eine Abhilfemöglichkeit in allen Fällen („immer”), immer kann doch nur heißen: in allen Fällen, den Großfällen wie auch den Kleinfällen.

Die Materialien schweigen zu der Frage, ob der Gesetzgeber das Problem der Abhilfe auf dem Gebiet der bisher besonders geregelten Kostenfestsetzungsbeschwerden überhaupt gesehen hat. Er hat jedenfalls nicht ausdrücklich erklärt, die Abhilfe solle zukünftig in den „Großfällen”, (Beschwer über 100 DM) ausdrücklich ausgeschlossen sein. Das OLG München (Rpfleger 1999, 16, 17) weist auf diesen Gesichtspunkt hin und führt aus:

„Es wäre wenig überzeugend,...

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